Chilltag

Straßenverkauf

Samstagmittag. Ich sitze unterm Ventilator in unserer Zentrale in Bamako – der ehemaligen DDR-Botschaft. Im Hintergrund konkurrieren gerade Herbie Hancock (von meinem MP3-Player) und der Muezin (von der Moschee gegenüber) – passt nicht so ganz… Heute ist der erste freie Tag seit ich hier bin und ich genieße es; schaue auf die strahlend grünen Mangobäume vor meinem Fenster nachdem ich im Internet vom Schneechaos in Leipzig erfahren habe – na super! Mit einem alten Taxi bin ich vorhin zum Markt gefahren, durch das Gewusel geschlendert, das ich hier so liebe. Zwischendurch immer mal ein kurzer freundlicher Wortwechsel mit dem einen oder anderen Straßenverkäufer. Hirse, Schuhe, Reis, Wäsche, alte Mayonnaisegläser, Mangos, Seife, leere Plastikflaschen – kaum etwas, was man hier nicht kaufen kann. Dann besuche ich den Kunstgewerbemarkt; heute einfach nur so, ich muss nichts für deutsche Missionsbazare einkaufen und daher gehe ich gemütlich von Lädchen zu Lädchen, schaue den Handwerkern bei der Arbeit zu, albere mit den Leuten rum, kaufe hier und da eine Kleinigkeit und mache mich dann wieder auf den Heimweg. Der Taxifahren ist diesmal ein „Cousin“ von mir und die üblichen Blödeleien gehen hin und her, bis er mich wieder Zuhause absetzt. Unterwegs habe ich ein paar Mangos gekauft, die ich jetzt zu Mus verarbeitet für Mangomilch. Schon mal getrunken? Man nehme eine leicht überreife Mango, schneide das Frustfleisch heraus und zerkleinere es mit einem Pürierstab. Dann etwas Milchpulver und kalter Wasser dazu, 15 Minuten in den Gefrierschrank stellen… Was geht es mir gut!

gemeinsames Frühstück

… und das nach 3 Sitzungstagen. Die Hautversammlung der Kirche ist beendet und wohl fast alle Delegierten wieder Zuhause oder noch auf der Heimreise. Es ist schon wirklich eine wilde Veranstaltung, die unserem deutschen Strukturiertsein nicht immer entgegenkommt. Zweifelhafter Höhepunkt der Veranstaltung war, als nach dem Bericht des Frauenkomitees die übliche Diskussion über den Weihnachtsstoff der Kirche losging: Sind die Farben zeitgemäß? Sollte eher ein echtes Weihnachtsmotiv darauf oder doch lieber etwas Neutraleres? Wie teuer wäre es, wenn man eine Qualität drucken ließe, bei der die Farben nicht so schnell ausbleichen? Und dann immer und immer wieder: sollte man den Verkauf zentral oder dezentral regeln. Im Schweiße meines Angesichts halte ich das 30 Minuten aus, dann entschließe ich mich, mich nach draußen abzusetzen und den leichten Wind am Abend zu genießen. Die Malier, die zwischendurch an mir vorbeikommen, weil sie das eine oder andere Bedürfnis haben, müssen grinsen, als sie mich sehen – ich glaube, die meisten verstehen, dass der Weihnachtsstoff nicht mein Lieblingsthema ist…

Diskussionen am Rande

Besonders interessant auch der Bericht vom Verantwortlichen der nationalen Kinderarbeit: Kurz und bündig gibt er zu, dass sein Komitee im ganzen Jahr gar nichts gemacht habe, sie hätten kein Geld für ein Treffen gehabt, ist seine Begründung. Daraufhin wird ihm von den Delegierten ganz schön der Kopf gewaschen und er wirkt etwas geschrumpft auf seinem Stuhl – mich freut es, dass auch im beziehungsorientierten Mali nicht alles durchgeht.

Als ich etwas im Namen der Allianz-Mission sagen darf, wage ich es, neben einigen Informationen, auch mal ein paar Dinge anzusprechen, die mir Sorgen machen im Blick auf die malische Kirche und wo ich kritische Bereiche sehe. Manche nicken hier und da, andere wirken eher wenig begeistert. Es ist immer wieder eine Grandwanderung – wie weit kann ich gehen? Hab‘ ich mich zu weit aus dem Fenster gelehnt, oder war es gerade wichtig mal eine Sicht von außen auszusprechen? Das ist hier so schwer einzuschätzen, denn selten gibt es bei solchen Dingen mal ein spontanes Echo hinterher. Und das Kriterium ist ja auch nicht, dass alle einverstanden sind – dann könnte ich mir solche Gedanken auch sparen. Und ich würde mir wünschen, dass auch die Malier mal hier und da ihre Außensicht auf unsere Kultur und die Art, wie wir unser Christsein leben, äußern.

Der Vorsitzende der evgl. Allianz

Und am Schluss der Veranstaltung kommt dann noch der neue Vorsitzende der evangelischen Allianz zu uns. Das war schon lange vorgesehen, nur hatte man schlicht vergessen ihn einzuladen. Aber das ist in Mali kein Problem: vor 3 Tagen wurde dann mal kurz angerufen, ob er Zeit hat und mal vorbeikommen kann – ja, passt, kein Problem. Und genauso wie Nok sonst mit dem Premierminister am Tisch sitzt und über die malische Krise berät, so kommt er mal eben zu unserer Jahreshauptversammlung. Bei seinem „Grußwort“ erzählt er eine Geschichte, wie Alfred Meier ihn vor Jahren eingeladen hat über die Situation in Timbuktu zu reden. Als er dann zu der Gemeinde kommt, die Meiers damals in Bamako betreuten, fiel ihm als erstes auf, dass Alfred ein Hinweisschild für die Gemeinde unmittelbar vor die große Moschee des Stadtteiles platziert hatte. Nok lacht sich halb schlapp über diese Dreistigkeit: „…und wenn ihr dann seine Gemeinde gesehen hättet, das war ein einfacher Hangar mit einem Wellblechdach – und dafür platzierte er ein Schild direkt vor die Moschee – also das nenne ich mutige, visionäre Missionsarbeit!“ 😊 (Übrigens gibt es heute eine recht große Gemeinde in einem ansprechenden Gemeindehaus in diesem Viertel!)

Manches wurde besprochen in den 3 Tagen – einiges in den Sitzungen, das meiste nebenher und hinter den Kulissen. Ich bete, dass es uns hier und da einen Schritt weitergebracht hat – und das nicht nur beim Weihnachtsstoff!

Gruppenfoto

 

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