Ogossagou

160 Menschen tot in einem kleinen unbedeutenden Dorf. Kinder, Alte, Männer, Frauen und Tiere gleichermaßen abgeschlachtet und die Häuser in Brand gesetzt. Ihr, die Ihr auf Euren Motorrädern mit Euren automatischen Waffen über sie hergefallen seid – warum? Was habt Ihr erreicht? Was außer Hass und Rachegelüsten und tiefer Traurigkeit? Wer oder was hat Euch getrieben? Gehört Ihr, wie man jetzt allgemein annimmt, zur Jägervereinigung der Dogon, zu dieser selbsternannten Selbstverteidigungsgruppe? Wen habt Ihr verteidigt gegen diese Frauen und Kinder und Alten? Natürlich, Eure Opfer, die Peulh, haben auch viele von Euch getötet, so wie Ihr immer wieder die Peulh umgebracht habt. Aber nie so barbarisch, nie so viele, so viele Unbeteiligte, so erbarmungslos alle, die Euch vor Eure Waffen kamen. Ihr, die Ihr seid Jahrhunderten als Nachbarn nebeneinander lebt, miteinander lebt, voneinander und füreinander lebt. Wer oder was hat Euch bewegt, aufeinander loszugehen, als wäret Ihr schon seit allen Ewigkeiten erbitterte Feinde? Natürlich, schon seit man denken kann, streitet Ihr Euch über die Viehherden der Einen und die Ackerflächen der Anderen. Natürlich habt Ihr schon immer Konflikte gehabt. Aber die habt Ihr lösen können. Eure Alten haben Frieden geschlossen, immer wieder und das Leben miteinander ging weiter. Sagt uns, was sich geändert hat, warum alle Friedensbemühungen zu nichts führen, warum trotz aller unserer Gebete das Abschlachten immer schlimmer wird statt besser. Und wenn Ihr es uns nicht erklären könnt, dann erklärt es wenigstens Euren Landsleuten, Euren Dogon- und Peulh-Brüdern, die sich nicht hassen wollen, die Euch nicht verstehen und verzweifelt nach Erklärungen dafür suchen, dass Ihr eigenes Land, ihre eigene Ethnie, ihre eigenen Brüder sich verhalten wie sich eigentlich kein Malier je verhalten würde. Weil Malier Vielfalt schon immer kennen und akzeptieren. Weil Mali schon so viele Wechsel von Herrschaft und Königreichen mitgemacht hat, dass es sich nicht so einfach von einer Ideologie einfangen lässt. Weil in Mali jeder mit jedem irgendwie verwandt oder doch durch irgendeine Verbindung oder „Cousinage“ verbunden ist. Welcher Geist, welcher teuflisch, dämonische Geist treibt Euch? Welche Menschen, welche Interessen, welche in- oder ausländischen Einflussnahmen manipulieren Euch?

Ein Dorf im Osten Malis, knapp vor der Grenze zu Burkina Faso, vor 3 Tagen eben noch ein Dorf wie so viele andere in Mali. Heute nur noch ein Zeichen für Hass, Brutalität und Verzweiflung.

 

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