Nachdem wir mitten in der Nacht gut in Mali angekommen sind – heute der erste Tag auf dem anderen Kontinent. Alles geht ein bisschen langsamer bei uns. Der Klimawechsel, die kurze Nacht – das steckt uns noch in den Knochen. Gerlind kämpft seit längerem mit einer Erkältung – der hat die lange Flugreise auch nicht gerade entgegen gewirkt. Auspacken, einkaufen, ein paar Anrufe, schon mal den ein oder anderen begrüßen und den fehlenden Schlaf etwas nachholen. Am Nachmittag versuche ich Pastor Enoc zu besuchen und laufe die 2 Kilometer bis zu seiner Wohnung. Der Frühstücksverkäufer hat seine Holzbude stolz in eine leuchtend blaue Blechbüchse verwandelt. Die open-air-Autoreparaturwerkstatt hat immer noch alte Schrottkarren und schicke Unfallfahrzeuge überall am Abwasserkanal entlang geparkt und die Mechaniker basteln hier und da wieder eine zusammen. Männer sitzen am Samstagnachmittag vor ihren Grundstücken, trinken Tee und spielen Karten. Die Überquerung der Hauptstraße benötigt, wie immer, mindestens ein Gebet, Mut, zielsicheres Fortschreiten, weil man sonst keine Chance hat rüber zu kommen. Der mobile Schneider läuft an mir vorbei, die Nähmaschine auf der Schulter und in der Hand eine große Schere, mit der er immer klappert, um auf sich aufmerksam zu machen und auch die reisenden Handytaschenverkäufer wandern in der Hoffnung auf Kundschaft durch die staubigen Straßen. In der Kirche übt der Kinderchor für den Gottesdienst morgen mit einer Energie, dass die Mauern von Jericho vermutlich schon beim ersten Rundgang eingestürzt wären, zumal – für mich zum ersten Mal – der Gesang mit einer Trompete unterstützt wurde.
Enoc ist nicht da, was am Samstagnachmittag zu erwarten war – eigentlich brauchte ich auch nur irgendein Ziel, um nicht einfach nur durch die Straßen zu laufen, Bamakoluft zu schnuppern, auch innerlich wieder anzukommen.