Da steht sie in einer Ecke im Hof, kaum mehr sichtbar, aber ich entdecke sie hinter einem improvisierten Schafstall: meine Yamaha 175, ein wunderbares Geländemotorrad, das ich bis 2003 in Mali gefahren habe – nicht zu leicht, sodass sie auch im Sand und Matsch gut lag und nicht zu schwer, sodass man sie zu zweit in ein Boot heben konnte, um über den Niger zu setzen. Wie viele Kilometer hat sie mich treu getragen, hat mich in sehr entlegene Gebiete Malis gebracht, wo man mit dem Auto zeitweise nicht hinkam und man außerdem deutlich weniger Aufsehen machte als mit einem Landcruiser. Als wir Mali verließen, hatte ich sie unseren malischen Pastoren vermacht, weil einer von ihnen sein Motorrad bei einem Unfall verloren hatte.
Und jetzt finde ich sie wieder bei Pastor Ezéchiel in San. Zwischenzeitlich hatte er den Motor gewechselt aber auch der neue läuft nicht mehr und so steht sie dort im Hof in der Ecke. Aber auch wenn sie nicht mehr in der Lage ist Menschen in den Busch zu fahren, sie ist nicht nutzlos. Jetzt dient sie als Ständer für einen Taubenschlag, erlaubt es den Vögeln einen sicheren Start- und Landeplatz und auch Ort des Ausruhens zu finden. Eine Stütze unter dem Taubenschlag – ein Unterstützer also im wahrsten Sinne des Wortes.
Ein schönes Bild, geht es mir durch den Kopf und wie sie mir in manchem ähnelt: zwar bin ich noch nicht aussortiert oder abgestellt, aber auch meine Aufgaben in Mali haben sich geändert. Es gilt nicht mehr von Ort zu Ort zu fahren, Menschen medizinische Hilfe, Medikamente und die erstaunliche Liebe Gottes zu bringen. Meine Aufgabe ist es jetzt zu unterstützen, dass andere diese Arbeit tun, ausschwärmen, aktiv sind, aber dann auch immer wieder einen Platz zum Ausruhen, Reflektieren finden – auch wenn da manchmal vielleicht meinem Empfinden nach ziemlich komische Vögel dabei sind.
Manchmal fällt es mir nicht leicht, diesen Aufgabenwechsel anzunehmen, möchte lieber selbst Dinge in die Hand nehmen und aktiv werden, aber sowohl die Situation in Mali als auch meine eigene machen es nötig, dass ich akzeptiere, dass meine Rolle nun eine andere ist. Und so fliege ich – selbst ein komischer Vogel – wieder zurück nach Deutschland und versuche mal in Mali mal von Deutschland aus Unterstützer zu sein.