Die alte Garde und die jungen Wilden

Am Freitag hatten wir – wie bei jedem Besuch – eine lange Sitzung des nationalen Kirchenleitungsgremiums. Die Länge der Zusammenkunft von ca. 8 Stunden war nicht neu aber die Zusammensetzung: Im Mai gab es Neuwahlen und eine Bedingung für die oberste Kirchenleitung war, dass niemand gewählt werden durfte, der während seines Mandats in Rente geht (eine solch sinnvolle Regelung würde man sich in manchen Staaten dieser Erde auch wünschen…) und so war, auch wenn noch das ein oder andere bekannte Gesicht da war, ein wahrer Generationswechsel zu sehen. An manchen Stellen wurde deutlich, dass da auch noch einiges ruckeln wird, bis die Equipe sich eingespielt hat, aber trotzdem weht auch ein angenehm frischer Wind. Gerade der Umgang mit den technischen Mitteln ist für die jüngere Generation völlig normal. So wurde vom neuen Sekretär sofort eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet und das Sitzungsprotokoll am nächsten Tag versandt mit der Bitte um Korrektur (- bisher wurde dies meist erst zu Beginn der nächsten Sitzung Monate später verteilt).

Wenige Tage später waren wir in San bei Pastor Ezechiel und seiner Familie. Ezechiel ist Anfang 60, hatte vor ein paar Jahren einen Schlaganfall und hat seitdem einige Gänge zurückschalten müssen. Seine Frau Josephine hat offensichtlich Kniegelenkarthrose und es ist ein Jammer ihr zuzusehen. Nur mühsam quält sie sich aus einem Stuhl, läuft ein paar Schritte und lässt sich auf die nächste Sitzgelegenheit fallen. Aus dem Hof ist sie schon lange nicht mehr gekommen. Ich frage einen Mitarbeiter im Gesundheitswesen, ob es hier überhaupt möglich ist Kniegelenkprothesen einzusetzen, aber das scheint nicht der Fall zu sein – da bleibt nicht viel an Therapiemöglichkeiten übrig.  Pastor Abdias ist noch sehr mobil und aktiv, aber auch er hat deutliche gesundheitliche Einschränkungen: der Diabetes muss mit mehreren Medikamenten behandelt werden, hat aber wohl schon Schäden an den Augen hinterlassen.

So merken wir mehr und mehr, wie die erste Generation die Konsequenzen des Alters spürt und die Möglichkeiten immer eingeschränkter werden. Zwar hat die Kirchenleitung das Rentenalter ein paar Jahre heraufgesetzt, damit der Pastorenmangel nicht ganz so schwer zu verkraften ist, aber jünger ist dadurch auch niemand geworden. Und so tut es gut zu sehen, dass da junge engagierte Christen sind, die Verantwortung übernehmen, manche Dinge anders anpacken und so der Kirche helfen in dieser sich so schnell entwickelnden Zeit am Ball zu bleiben. Gleichzeitig aber begegnen sie den Älteren mit Respekt und Bescheidenheit, was den Übergang sehr erleichtert. Trotzdem: von mir aus dürften die Jungen ruhig noch ein bisschen wilder werden.

 

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