Muss immer alles gelingen?

Es war ein erster Versuch: das traditionelle Saatgut in Mali ist eigentlich für die schlechter werdenden Regenfälle nicht geeignet. Zu lange brauchen die Pflanzen um zur Reife zu gelangen und wenn längere Zeit kein Regen fällt, gehen sie ein – auch wenn sie danach wieder „begossen“ werden. Dabei kann man mittlerweile in Mali ausgewählten Samen kaufen, der resistenter ist und besseren Ertrag bringt. Das sind keine gentechnisch veränderten, sondern kontrollierte und selektionierte Saaten. Dieses Jahr haben unsere Mitarbeiter das Experiment gestartet Bauern zu überzeugen und anzuleiten, damit die Aussaat zu machen und nicht einfach weiter zu machen wie immer. Das Klima verändert sich, da muss sich auch die Landwirtschaft anpassen. Und das Gute an der Sache: Die Ernte kann über mehrere Jahre dazu benutzt werden um sie in der kommenden Regenzeit auszusäen.

Heute sind wir in verschiedene Dörfer gefahren um zu erfahren, wie dieses Pilotprojekt gelaufen ist. Schon im Vorfeld bereiten uns unsere Mitarbeiter darauf vor, dass die Ergebnisse nicht so sind, wie sie es sich gewünscht hatten. Gerne hätten sie uns große Berge an Hirse und Bohnen gezeigt, aber die Situation war anders: Zuerst dauerte es einige Zeit, bis wir wirklich zusagen konnten, dass das Geld für das Projekt zur Verfügung stand und dadurch musste alles schneller gemacht werden als geplant: der Kauf des Saatgutes, die Schulung der Bauern, die Absprachen mit der Dorfbevölkerung, die Verteilung der Saat. Somit fand die Aussaat dann auch später statt als eigentlich geplant. Das wäre alles kein Problem gewesen, aber dann war die Regenzeit außergewöhnlich schlecht und schon Mitte September kam kein Regen mehr. Viel von dem, was gesät wurde, kam nicht zur Reife. Pleite?

Als wir dann in die Dörfer fahren, bin ich überrascht, wie viel doch geworden ist. Ich sehe Bohnen und verschiedene Arten von Hirse mit reifen Körnern. Ein Bauer hat schon die Ernte geteilt und die Saat für nächstes Jahr zur Seite gelegt. Ich frage die Bauern, ob das denn hilfreich wäre mit dem neuen Saatgut, aber das ist für sie keine Frage: auch wenn an vielen Stellen das Wachstum nicht so war wie gewünscht: „Wenn wir mit unserem traditionellen Saatgut hier gesät hätten, dann wäre die Ernte bei dieser schlechten Regenzeit völlig ausgefallen.“

Und ich frage mich, wie denn unsere Mitarbeiter uns „Geldgeber“ in Europa wahrnehmen. Muss immer alles gelingen? Darf man auch experimentieren und dann das Gute behalten und das Schlechte verwerfen? Natürlich ist das schön, wenn man ein Projekt als vollen Erfolg zeigen kann – aber miteinander lernen und sich Mut zu machen, wenn Dinge nicht direkt perfekt laufen, ist das nicht genauso wichtig? Ich jedenfalls bin nicht enttäuscht und freue mich, dass das unserer Partnerorganisation nicht einfach die Flinte ins Korn schmeißen will. Eine „Daumen-hoch-Daumen-runter-Gesellschaft“ ist sicher nicht geeignet Maliern zu Seite zu stehen, wenn sie die Entwicklung ihres Landes vorwärtsbringen wollen.

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