Seit Monaten ist es eins der größten Probleme hier in der Hauptstadt: öffentlichen Strom gibt es fast nur noch ein paar Stunden in der Nacht. Während der normalen Arbeitszeiten hat man entweder einen Generator, Solarenergie oder Pause – was für viele Menschen ein existenzielles Problem darstellt.
Heute allerdings war es ein Segen: Ich sitze mit Etienne zusammen und wir reden über die Projekte, die er betreut, als plötzlich ein Geräusch zu uns dringt, als prassele massiv Regen auf die Blechdächer. Wir befinden uns allerdings in der Trockenzeit – das kann es also nicht sein. Daher gehen wir raus, um zu schauen, was da vor sich geht und sehen, dass uns gegenüber ein strohbedeckter Hangar lichterloh brennt, sich das Feuer im Hof immer weiter ausbreitet und schon die Bäume erfasst. Schwarzer Rauch steigt auf, überall stehen Autos herum, die anfangen Feuer zu fangen. Ich nehme die Beine in die Hand und mache mich vom Acker. Andere kommen mir entgegen: sie wollen wissen, was da los ist und warum alles qualmt. Keine sehr sinnvolle Strategie – wer weiß schon, wieviel Benzin in den parkenden Autos darauf wartet, dieselben in die Luft zu jagen. Im Katastrophentraining habe ich gelernt, was das Wichtigste ist: so schnell und so weit weg vom Gefahrenort wie möglich.
Etienne ist da nobler. Er läuft zunächst ins Büro, holt die entsprechende Telefonnummer und alarmiert die Feuerwehr (ja, so etwas gibt es hier!). Die scheinen nicht wirklich motiviert, erkundigen sich ausgiebig nach der Brandursache und versichern dann, dass sie den Energieversorger informieren, damit dieser den Strom abstellt. Das wäre tatsächlich unter normalen Bedingungen eine große Gefahr: Nach kurzer Zeit hat sich das Feuer so ausgebreitet, dass es auf die Stromleitungen übergreift und eine davon durchbrennt und zu Boden fällt. Aber – was für ein Segen heute – Strom gibt es ja nur nachts und damit passiert tatsächlich nichts. Irgendwie gelingt es Etienne dann doch noch die Feuerwehr zu überzeugen, dass es durchaus hilfreich wäre, wenn sie mal persönlich vorbeischauen würden.
Nach ca. 30 Minuten tauchen ein paar Polizisten auf. Mittlerweile haben Jugendliche todesmutig begonnen, die zündelnden Autos zu löschen. Eines wird kurzerhand aufs Dach gedreht, damit man den brennenden Boden besser erreichen kann. Schaulustige stehen überall am Straßenrand und werden jetzt von der Polizei erst einmal aus der Gefahrenzone geschickt. 10 Minuten später kommt dann unter jubelndem Gejohle der Zuschauer tatsächlich ein Löschfahrzeug und Stück für Stück gelingt es den Feuerwehrmännern den Brand unter Kontrolle zu bringen.
Ich bleibe so lange in sicherer Entfernung hinter dem nächsten Häuserblock bis die Rauchwolken nur noch weiß sind, dann erst traue ich mich wieder zurück ins Haus und höre, was die Ursache für den Brand war: der Wächter im Hof gegenüber hat Müll verbrannt und dann das Feuer nicht ausreichend gelöscht. Und als erstmal das Strohdach Feuer gefangen hatte, gab es kein Halten mehr.
Wir danken Gott, dass niemandem etwas passiert und alles glimpflich ausgegangen ist und – vermutlich zum ersten Mal – für den Stromausfall!