Heute besuchen wir N’Gouraba, einen Ort, ca. 2,5 Stunden von Bamako entfernt. Nach 30 Minuten verlassen wir die Teerstraße und wühlen uns durch staubige Sand- und Schotterpisten. Erst seit ein paar Jahren arbeiten wir in dieser Gegend: Mithilfe in der Gesundheitsarbeit und seit kurzem auch landwirtschaftliche Projekte. Deutlich früher als erwartet treffen wir ein und ersparen uns damit den offiziellen Empfang mit Trommeln, Rasseln, Tanz – wenn Vertreter der Partnerorganisation kommen, muss man schon ein bisschen was bieten. Aber, wie gesagt, unser Überraschungsangriff hat das vereitelt. Zunächst also Besuch beim Bürgermeister, ein sehr freundlicher, offener Typ, bei dem man nicht groß mit Förmlichkeiten beginnen muss.
Nachdem die Leute aus dem Dorf dann zusammengerufen sind, treffen wir uns im „Bürgermeisteramt“: 45 Leute in einem vielleicht 30 m² großen Raum: die Luft steht, der Schweiß trieft. Zunächst begrüßt uns der Dorfchef – also das traditionelle Oberhaupt und überreicht uns 10 Kolanüsse und 500 F CFA (umgerechnet 75 Cent) – eine Geste des Willkommens. Dann ergreifen Bürgermeister, Koordinator, ich selbst und einige Vertreter der Frauen oder der Landwirte das Wort – das geht alles schön geordnet und jetzt irgendwie auch recht förmlich zu. Andererseits wird auch viel gewitzelt, der Bürgermeister auf dem Arm genommen, gelacht. Wir sprechen über die vergangenen und zukünftigen Projekte – was ist gelungen und was nicht? Dieses Jahr wurden erste Erfahrungen mit verbessertem Saatgut gemacht und einige berichten, dass sie nur dadurch in diesem regenarmen Jahr etwas ernten konnten. Andere erzählen aber auch, wo es nicht so gut funktioniert hat. Mich begeistert die Idee, dass nach der Ernte ein standardisiertes Probeessen veranstaltet wurde: man wollte ja nicht nur wissen, ob das neue Saatgut auch gute Erträge bringt, sondern ebenso, wie Hirse, Mais und Bohnen nachher schmecken!
Dann wird uns noch das Grundstück gezeigt, auf dem dieses Jahr ein Garten für die Frauen angelegt werden soll. Ausgesprochen überrascht stellen wir fest, dass direkt daneben ein verwaister Garten angelegt wurde, mit Zaun und mehreren Brunnen – eigentlich allem, was dazu gehört – nur eben kein Gemüse. Stück für Stück versuchen wir zu verstehen, was dahinter steht, bekommen ein paar Informationen, die nicht alle stimmig sind und auch kein schlüssiges Bild ergeben. Warum aber sollten wir neben dem schon existierenden, aber ungenutzten Garten nun noch einen anlegen?
Auf der Rückfahrt versuchen wir mit Daniel, dem Leiter unserer malischen Hilfsorganisation, die Dinge zu verstehen und zu überlegen, was jetzt sinnvolle nächste Schritte sind. Es bleibt eine gewisse Ratlosigkeit – immer wieder stellen wir fest, wie schwer es ist die internen Abläufe und Probleme in der Welt der Dörfler zu verstehen. Wie gut, dass unsere malischen Partner dann oft noch kulturell sinnvolle Lösungswege finden!