Großeltern – das ist ein Thema, über das wir früher kaum gesprochen haben, da wir und unsere Kollegen nicht in dieser Altersklasse zu finden waren. Jetzt allerdings ist die Frage nach den Enkeln eine ganz natürliche geworden. Interessanterweise liegen wir mit unseren 4 Kindern deutlich unter dem malischen Durchschnitt, aber mit unseren 11 Enkeln dafür ziemlich weit vorne im Vergleich mit unseren Freunden hier.
Eine Eigenheit der hiesigen Kultur haben wir letzte Tage ausführlich mit M. besprochen: Spaßeshalber werden hier die jeweils gleichgeschlechtlichen Enkel als Konkurrenz für den Ehepartner gesehen, sprich: Bekommt eine junge Frau einen Sohn, so wird gelästert, die Oma habe einen neuen Ehemann bekommen und ihr Gatte wird damit mächtig aufgezogen. Fährt nun die Oma zu Besuch zu ihrem Enkelsohn, muss sich der Opa ständig anhören, dass seine Frau ihn verlassen habe wegen des jungen Mannes – und der Opa selbst bezeichnet seinen Enkel als Rivalen (nicht, dass ich nicht verstehen könnte, dass die Enkel manches Mal die Aufmerksamkeit meiner Gattin stehlen können…). Genauso sind Oma und Enkelin Konkurrentinnen – aber interessanterweise nicht die gegengeschlechtlichen Enkel. Wenn die Enkel dann größer werden, bedeutet das auch, dass sie sich gegenüber Oma und Opa einiges rausnehmen können. Der junge Mann darf seinem Opa gegenüber freche Bemerkungen machen, sich über ihn lustig machen, ihn aufziehen so viel er möchte und der Opa darf nicht böse sein; genauso die Enkelin mit der Oma. Und doch – oder vielleicht gerade deshalb – haben die Beiden ein enges Verhältnis.
Ganz interessant in unseren Augen wird es dann, wenn eine(r) von den Großeltern verstorben ist: Jetzt holen sich z.B. die männlichen Enkel Kleidungsstücke des Opas, ziehen sie an, besorgen sich noch andere typische Gegenstände aus seinem Alltag und ahmen ihn vor der versammelten Trauergemeinde nach. M., dessen Vater Pastor war, erzählt, wie die Enkel nach der Beerdigung ihres Opas in dessen alten Klamotten mit Bibel unter dem Arm seinen charakteristischen Gang imitiert haben. Und das wird in keiner Weise als anstößig oder pietätlos betrachtet. Zunächst sind wir befremdet, dann aber merken wir, dass das letztlich nur eine andere Art der bei uns üblichen „Grußworte“ ist – wir erinnern uns verbal an Begebenheiten und Geschichten aus dem Leben des Verstorbenen, die Enkel hier tun dies in einer kleinen Theatervorstellung und bringen so ein Schmunzeln auf so manches Gesicht in der Trauergemeinschaft.
P.S. an meine Enkel: Glaubt mal ja nicht, das würde bei uns jetzt auch so gehen! 😉