Noch dreimal schlafen und wir starten zum Megamarsch. In den letzten Wochen haben wir immer wieder mal kürzere, mal längere Touren gemacht, die richtigen Strümpfe ausprobiert und die Haltbarkeit von Blasenpflastern getestet. Hirschtalgcreme gehört mittlerweile zu unseren Standardkosmetika. Außerdem haben wir kräftig die Werbetrommel gerührt, um Sponsoren für die AIDS-Arbeit in Mali zu gewinnen. Und da haben uns manche überrascht mit der Bereitschaft uns zu unterstützen. Danke allen Patienten, Gemeindemitgliedern, Kollegen, Freunden usw. dafür, dass wir bis jetzt schon über 4.000 Euro zugesagt bekommen haben!
Jetzt schauen wir täglich auf den Wetterbericht, wünschen uns, dass es ein regenfreier Tag wird und hoffen, dass wir ausreichend vorbereitet sind. Und wir sind Gott dankbar für die Zeit des gemeinsamen Wanderns – das ist schon etwas Besonderes, wenn man mit einem Freund zusammen Stunde um Stunde mal fröhlich plaudernd, mal miteinander betend, mal nur vor sich hin laufend unterwegs ist. Und so freuen wir uns, dass wir am Samstag um 17 Uhr dann mit vielen hundert anderen Menschen durch die Hauptstadt laufen können – jeder hinter uns gelassene Kilometer 40 (oder wird es noch mehr?) Euro für Mali wert!
Heute keine Mail zu Wahlen oder Reisen, sondern eine zu einer Aktion, die wir am 1. September durchführen wollen. Da heißt es marschieren für Mali, genauer: für die Menschen in Mali, die an AIDS leiden bzw. mit diesem Virus infiziert wurden. „Megamarsch“ heißt dieses Unterfangen und es bedeutet, dass wir – das sind Bernd Gebhardt (ein Freund aus der Gemeinde in Leipzig) und ich (Karsten) – in 24 Stunden 100 km laufen. Das Ganze wird in Berlin vor sich gehen und wir tun dies um Gelder zu sammeln für die AIDS-Arbeit unserer malischen Partner (- für mehr Infos dazu hier klicken). Seit ein paar Monaten trainieren wir dafür und haben schnell gemerkt, dass das kein Spaziergang ist. … und die Zeit, jede Woche viele Stunden zu wandern haben wir ja auch nicht. So hoffen wir, dass die Vorbereitung ausreicht und wir nicht zu den (erfahrungsgemäß) 75% gehören, die
da gibt’s auch schon mal blaue Zehen
den Lauf vorzeitig abbrechen müssen. Und natürlich freuen wir uns, wenn Ihr uns finanziell (und außerdem auch moralisch und im Gebet 😊) unterstützen würdet – aber noch mehr würden wir uns freuen, wenn Ihr Leute aus Eurem Bekanntenkreis, die normalerweise nicht für so etwas spenden, dazu motivieren würdet. Also: „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!“, oder wendet Euch an das Autohaus Eures Vertrauens, den Friseur, den Nachbarn mit dem Porsche vor der Türe, Eure Lehrer, Euren Chef usw. Im Anhang könnt Ihr hier auch einen Flyer runterladen mit den entsprechenden Infos und bei Bedarf schicken wir Euch auch gerne gedruckte Flyer zu. Macht Ihr mit? Je mehr Geld zusammenkommt, desto leichter wird es für uns die Zähne zusammen zu beißen und doch weiter zu laufen, wenn wir eigentlich gar keine Kraft mehr haben…
Das Mali, was ich gerade – nach drei Wochen – wieder verlasse, ist nicht mehr so wie früher – darüber haben wir oft genug geschrieben und es macht uns traurig und manchmal ratlos, genau wie unsere malischen Geschwister auch. Aber der „Rest der Welt“ hat sich auch verändert, dass fällt uns nur oft nicht so auf. Vielleicht sind wir Zuhause die Kröte im Kochtopf. Aber was heißt das jetzt für die Arbeit der Allianz-Mission in Mali? Ziehen wir den Kopf ein, weil man in Mali nicht mehr so einfach leben kann wie früher? Müssen sich die Malier jetzt ohne uns um ihre Probleme kümmern? Treten wir den Rückzug an, weil uns das alles zu heikel wird?
Ihr wisst schon, dass die Antwort auf alle diese Fragen nicht „ja“ lautet. Im Gegenteil: wir definieren neu, was unsere Aufgaben sind, aber wir möchten gerade in dieser Situation auch personell wieder in Mali präsenter sein. Denn Partnerschaft lebt vor allem vom Miteinander von Menschen und davon haben wir eindeutig zu wenig im Moment in Mali. Daher möchten wir im Laufe der nächsten 3 Jahre ein neues Team von 8 Leuten nach Mali schicken, denn im Raum Bamako kann man nach wie vor leben und arbeiten und wir beten dafür, dass sich auch die anderen Landesteile wieder öffnen. Das ist kein Spaziergang, aber das war Missionsarbeit noch nie. Und wir wünschen uns, dass Gott Menschen aus Deutschland beruft, damit wir ein vielfältiges munteres Team aufbauen können, das unseren malischen Geschwistern eine Ergänzung und manchmal auch eine „Kröte von außen“ sein kann. Sucht ihr mit? Betet ihr mit? Geht ihr mit?
Wir glauben, dass es Gottes Wunsch ist in Mali noch einmal neu zu beginnen – mit neuen Leuten, mit kreativen Ansätzen, mit einer anderen Rolle in der Partnerschaft. Und wir sind sehr gespannt, was Er da tun wird und haben richtig Lust darauf einen mutigen Schritt nach vorne zu gehen!
Heute war dann endlich ein Besuch in „unserer“ I-ni-sini-Schule dran. Da wir die Nationalhymne schon beim letzten Mal gehört hatten, entschließen Etienne und ich uns nicht ganz so früh zu fahren und so finden wir die Kinder schon angeregt beim Unterricht. Mittlerweile hat die erste Klasse 18 Schüler. Ein Junge, der oft fehlt, ist heute gekommen, weil angekündigt war, dass es „Weißenbesuch“ gibt – eine in meinen Augen etwas zweifelhafte Attraktion… Aber ich darf wieder zuschauen, fotografieren und mich davon überzeugen, dass die Kinder etwas gelernt haben. Und ich bin ehrlich platt: was die Kids da in 6 Monaten gelernt haben, ist wirklich beeindruckend. Die meisten Kinder sprechen ja so gut wie kein Französisch, wenn sie in die Schule kommen und jetzt begrüßen sie mich korrekt in dieser Sprache, beherrschen problemlos die Zahlen, rezitieren begeistert das Alphabet, rechnen und schreiben mit einer Schrift, die ich im ersten Schuljahr nicht hatte (und ehrlich gesagt, bis heute nicht habe – aber das liegt sicher an meinem Beruf 😊). Der Lehrer, Bamadio, hat eine strenge Hand aber er schafft es gleichzeitig Zuneigung zu den Kindern auszustrahlen und sie im Zaum zu halten. Da die Kids im Vergleich zu den Nachbarschulen deutlich weiter sind, gibt es schon viele Anfragen und wir machen uns wenig Sorgen um den Nachwuchs im nächsten Schuljahr.
Danach begleitet mich Etienne noch in eine Schule einer anderen Denomination, die es schon seit 18 Jahren gibt, damit wir von ihren Erfahrungen lernen können. Und auch hier bin ich beeindruckt: sie haben, genau wie wir, mit einer einzigen Klasse angefangen und jetzt befinde ich mich in einem Komplex von Kindergarten bis Abitur mit ca. 700 (Vor-)Schülern. Das Ganze steht auf gesunden finanziellen wie organisatorischen Beinen, alle Lehrer sind Christen und jeder, der sein Kind hierhin schickt, hat sich vorher damit einverstanden erklärt, dass jeden Morgen mit den Kids in der Bibel gelesen wird. Trotzdem sind 90% der Kinder aus andersgläubigen Familien. Offensichtlich sind christliche Schulen in Mali auch langfristig eine auf vielen Gebieten sinnvolle Sache und ich hoffe und bete, dass sich unsere noch bescheidenen Anfänge in eine ähnlich gute Richtung entwickeln.
„Hast Du den Eindruck, dass sich die malische Kirche dem Ernst der Lage in Mali stellt?“, frage ich heute einen der führenden Pastoren der malischen Kirchen.
„Kennst Du die Geschichte der Kröte im Kochtopf?“, fragt er zurück. „Setze eine Kröte in einen Kochtopf mit lauwarmem Wasser und sie wird sich sehr wohl darin fühlen. Wenn Du jetzt das Wasser langsam erhitzt, wird sie so lange den Unterschied kaum wahrnehmen bis es zu spät ist und sie im kochenden Wasser verbrennt. Wenn Du allerdings eine Kröte von außen nimmst, die würde nur den Fuß ins Wasser halten und sofort herausspringen, weil sie viel früher die Hitze spürt.
So ähnlich ist es mit der malischen Kirche. Wir haben uns an so vieles gewöhnt und wenn die Dinge langsam immer schlechter werden, dann fällt uns das kaum auf. Manchmal brauchen wir Euch dafür: Weil ihr von außen kommt, könnt ihr uns aufmerksam machen auf manches, was wir schon gar nicht mehr wahrnehmen.“
Gottesdienst in einem kleinen Nest nicht weit weg von Bamako. Eine voll besetzte kleine Kirche, gute, lockere Stimmung; danach gemütliches Beisammensein unter einem Mangobaum. Das Grundstück, auf dem wir uns niedergelassen haben, gehört weder der Kirche noch einem Gemeindemitglied aber dort ist Schatten. Irgendwann gesellt sich der Eigentümer zu uns, flachst fröhlich mit uns rum und wir unterhalten uns in einer bunten Mischung aus Französisch, Bambara und Peulh. Später steht er auf, sagt er würde eben in die Moschee zum beten gehen, sei aber in einer viertel Stunde wieder da. Einige Zeit darauf ist er zurück, hat sich einen bequemen Stuhl geholt, plaudert ungezwungen mit uns und schmeißt irgendwann eine Runde geröstete Erdnüsse. … entspannte Atmosphäre und freundschaftliches Nebeneinander von Muslimen und Christen. Das war nicht immer so:
Als vor über 15 Jahren zum ersten Mal mit einem Team von Christen aus Bamako hier öffentlich von Jesus erzählt wurde, bekehrten sich zwei Dorfbewohner zu Ihm. Einer ist heute noch Gemeindemitglied (der andere verstorben) und seine Geschichte wird mir am Abend erzählt: Nach seiner Hinwendung zu Jesus fing als erstes seine Frau an, sie wolle nicht mehr mit ihm zusammenleben, dann auch seine Familie. Scheidung stand im Raum. Die Christen aus Bamako besuchten ihn weiter und ermutigten ihn, sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen. Dann „engagierte“ seine eigene Familie einen Marabut aus der Umgebung, der ihn eine ganze Nacht lang zusammen mit den anderen aus dem Dorf verfluchte. Am nächsten Morgen wurde er dann von seinen Nachbarn gefragt, was er denn nun dazu sagen würde: „Nun, Ihr habt mich die ganze Nacht verflucht, aber wenn Gott mich nicht verflucht, dann geht das in Ordnung. Ihr wendet euch von mir ab – ich werde mich nicht von euch abwenden. Ihr bleibt meine Familie, ihr bleibt mein Dorf!“ Die Situation mit seiner Frau spitzte sich weiter zu. Mittlerweile aß er nichts mehr, was sie gekocht hatte, weil er Angst hatte vergiftet zu werden. Ein Pastor aus Bamako suchte das Gespräch mit den beiden: „Was hast du denn an deinem Mann auszusetzen?“, fragte er die Ehefrau, „sag mir, was er dir getan hat, seitdem er Christ geworden ist und dann lass uns schauen, ob es das ist, was wir ihm über’s Christsein gesagt haben.“ Jetzt kam sie ins Schwimmen, kramte ein paar alte Geschichten hervor, musste dann aber zugeben, dass sie lange vor seinem Christ-werden geschehen waren. Und nun war der Mann an der Reihe: „Du weißt, dass ich dich oft geschlagen habe“, sagte er vor den Ohren des Pastors, „ab heute werde ich dich nie wieder schlagen, das verspreche ich Dir. Und bisher habe ich alles, was ich verdient habe, vor dir geheim gehalten und dir kaum etwas abgegeben. Auch das soll sich ändern: ab jetzt zeige ich dir alles, was bei mir reinkommt und gebe dir, was du brauchst. Der Pastor ist Zeuge für das, was ich dir heute versprecht!“ Das war ein starker Anfang. Die Wogen in der Ehe glätteten sich, denn ein solcher Wandel (der dann auch tatsächlich stattfand) ist in einem kleinen malischen Dorf fast unvorstellbar. Aber die sonstige Familie und das Dorf ließen sich nicht überzeugen. Der Pastor bekam „Hausverbot“, man wollte ihn im Dorf nicht mehr sehen. Trotzdem, langsam aber sicher siegte die Liebe, die Jesus in das Herz dieses Mannes gepflanzt hatte, über die Starrköpfigkeit seiner Familie. Es dauerte lange, aber zu seiner großen Überraschung tauchte plötzlich ein Familienangehöriger beim Pastor auf und entschuldigte sich bei ihm. Es täte ihnen sehr leid, wie sie mit ihm und ihrem Bruder umgegangen sind. Und das, was sie jetzt an ihm sähen, wären lauter gute Veränderungen. Und damit er auch wirklich sehen könne, dass es ihnen ernst ist, schenkten sie dem Pastor ein über 1.000 m² großes Grundstück in ihrem Dorf.
Diese Geschichte habe ich im Dorf nun sehr oberflächlich erzählt bekommen, aber als ich wenige Stunden später den besagten Pastor besuche, erzählt er mir das alles. Die Gemeinde ist mittlerweile im Dorf akzeptiert und ein junger Pastor dort hingezogen; die Ehefrau nicht Christin, aber sie ist ihrem Mann wohl gesonnen, verteidigt ihn, wenn jemand gegen ihn ist, und bei Festen kocht sie zusammen mit der Frau des jungen Pastors und tanzt die ganze Nacht mit den Christen…
P.S.: die Bilder stammen aus nachvollziehbaren Gründen aus einem anderen Dorf
Samstagmittag. Ich sitze unterm Ventilator in unserer Zentrale in Bamako – der ehemaligen DDR-Botschaft. Im Hintergrund konkurrieren gerade Herbie Hancock (von meinem MP3-Player) und der Muezin (von der Moschee gegenüber) – passt nicht so ganz… Heute ist der erste freie Tag seit ich hier bin und ich genieße es; schaue auf die strahlend grünen Mangobäume vor meinem Fenster nachdem ich im Internet vom Schneechaos in Leipzig erfahren habe – na super! Mit einem alten Taxi bin ich vorhin zum Markt gefahren, durch das Gewusel geschlendert, das ich hier so liebe. Zwischendurch immer mal ein kurzer freundlicher Wortwechsel mit dem einen oder anderen Straßenverkäufer. Hirse, Schuhe, Reis, Wäsche, alte Mayonnaisegläser, Mangos, Seife, leere Plastikflaschen – kaum etwas, was man hier nicht kaufen kann. Dann besuche ich den Kunstgewerbemarkt; heute einfach nur so, ich muss nichts für deutsche Missionsbazare einkaufen und daher gehe ich gemütlich von Lädchen zu Lädchen, schaue den Handwerkern bei der Arbeit zu, albere mit den Leuten rum, kaufe hier und da eine Kleinigkeit und mache mich dann wieder auf den Heimweg. Der Taxifahren ist diesmal ein „Cousin“ von mir und die üblichen Blödeleien gehen hin und her, bis er mich wieder Zuhause absetzt. Unterwegs habe ich ein paar Mangos gekauft, die ich jetzt zu Mus verarbeitet für Mangomilch. Schon mal getrunken? Man nehme eine leicht überreife Mango, schneide das Frustfleisch heraus und zerkleinere es mit einem Pürierstab. Dann etwas Milchpulver und kalter Wasser dazu, 15 Minuten in den Gefrierschrank stellen… Was geht es mir gut!
gemeinsames Frühstück
… und das nach 3 Sitzungstagen. Die Hautversammlung der Kirche ist beendet und wohl fast alle Delegierten wieder Zuhause oder noch auf der Heimreise. Es ist schon wirklich eine wilde Veranstaltung, die unserem deutschen Strukturiertsein nicht immer entgegenkommt. Zweifelhafter Höhepunkt der Veranstaltung war, als nach dem Bericht des Frauenkomitees die übliche Diskussion über den Weihnachtsstoff der Kirche losging: Sind die Farben zeitgemäß? Sollte eher ein echtes Weihnachtsmotiv darauf oder doch lieber etwas Neutraleres? Wie teuer wäre es, wenn man eine Qualität drucken ließe, bei der die Farben nicht so schnell ausbleichen? Und dann immer und immer wieder: sollte man den Verkauf zentral oder dezentral regeln. Im Schweiße meines Angesichts halte ich das 30 Minuten aus, dann entschließe ich mich, mich nach draußen abzusetzen und den leichten Wind am Abend zu genießen. Die Malier, die zwischendurch an mir vorbeikommen, weil sie das eine oder andere Bedürfnis haben, müssen grinsen, als sie mich sehen – ich glaube, die meisten verstehen, dass der Weihnachtsstoff nicht mein Lieblingsthema ist…
Diskussionen am Rande
Besonders interessant auch der Bericht vom Verantwortlichen der nationalen Kinderarbeit: Kurz und bündig gibt er zu, dass sein Komitee im ganzen Jahr gar nichts gemacht habe, sie hätten kein Geld für ein Treffen gehabt, ist seine Begründung. Daraufhin wird ihm von den Delegierten ganz schön der Kopf gewaschen und er wirkt etwas geschrumpft auf seinem Stuhl – mich freut es, dass auch im beziehungsorientierten Mali nicht alles durchgeht.
Als ich etwas im Namen der Allianz-Mission sagen darf, wage ich es, neben einigen Informationen, auch mal ein paar Dinge anzusprechen, die mir Sorgen machen im Blick auf die malische Kirche und wo ich kritische Bereiche sehe. Manche nicken hier und da, andere wirken eher wenig begeistert. Es ist immer wieder eine Grandwanderung – wie weit kann ich gehen? Hab‘ ich mich zu weit aus dem Fenster gelehnt, oder war es gerade wichtig mal eine Sicht von außen auszusprechen? Das ist hier so schwer einzuschätzen, denn selten gibt es bei solchen Dingen mal ein spontanes Echo hinterher. Und das Kriterium ist ja auch nicht, dass alle einverstanden sind – dann könnte ich mir solche Gedanken auch sparen. Und ich würde mir wünschen, dass auch die Malier mal hier und da ihre Außensicht auf unsere Kultur und die Art, wie wir unser Christsein leben, äußern.
Der Vorsitzende der evgl. Allianz
Und am Schluss der Veranstaltung kommt dann noch der neue Vorsitzende der evangelischen Allianz zu uns. Das war schon lange vorgesehen, nur hatte man schlicht vergessen ihn einzuladen. Aber das ist in Mali kein Problem: vor 3 Tagen wurde dann mal kurz angerufen, ob er Zeit hat und mal vorbeikommen kann – ja, passt, kein Problem. Und genauso wie Nok sonst mit dem Premierminister am Tisch sitzt und über die malische Krise berät, so kommt er mal eben zu unserer Jahreshauptversammlung. Bei seinem „Grußwort“ erzählt er eine Geschichte, wie Alfred Meier ihn vor Jahren eingeladen hat über die Situation in Timbuktu zu reden. Als er dann zu der Gemeinde kommt, die Meiers damals in Bamako betreuten, fiel ihm als erstes auf, dass Alfred ein Hinweisschild für die Gemeinde unmittelbar vor die große Moschee des Stadtteiles platziert hatte. Nok lacht sich halb schlapp über diese Dreistigkeit: „…und wenn ihr dann seine Gemeinde gesehen hättet, das war ein einfacher Hangar mit einem Wellblechdach – und dafür platzierte er ein Schild direkt vor die Moschee – also das nenne ich mutige, visionäre Missionsarbeit!“ 😊 (Übrigens gibt es heute eine recht große Gemeinde in einem ansprechenden Gemeindehaus in diesem Viertel!)
Manches wurde besprochen in den 3 Tagen – einiges in den Sitzungen, das meiste nebenher und hinter den Kulissen. Ich bete, dass es uns hier und da einen Schritt weitergebracht hat – und das nicht nur beim Weihnachtsstoff!
Bamako, die Hauptstadt: hier ist das Leben und das auch für die Kirchen. Denn hier tummelt sich alles: Leute, die aus entfernten Dörfern kommen um Arbeit zu suchen, Menschen mit einem guten Job und viel Geld, Männer und Frauen, die aus Nachbarländern kommen und eine andere geistliche Prägung haben… Hier wachsen die Gemeinden, hier ist die Toleranz größer als im Inland und daher finden hier Leute zum Glauben an Jesus Christus ohne unbedingt Repressalien von ihren Familien fürchten zu müssen. Aber die Gemeinden hier sonnen sich nicht im „Erfolg“ ihrer wachsenden Zahlen und oft vollen Kirchen. Wie auch in anderen Städten Malis sehen sich die Christen hier in Bamako verantwortlich dafür, die gute Nachricht von Gottes Gnade auch in die Dörfer und Orte zu bringen, die um die Hauptstadt herum liegen. Und so fahren wie heute nach Dangassa, einem Ort 90 km vom Zentrum Bamako entfernt und da nach 50 km die Straße aufhört, sind das mit dem Auto 3 Stunden Fahrt. Hier hat der Kirchenbezirk Bamako vor einigen Jahren angefangen eine christliche Gemeinde zu gründen und Menschen in die Nachfolge Jesu einzuladen. Noch immer sind dort nur eine Handvoll Leute – in den Dörfern ist die Arbeit eben wesentlich schwerer und langwieriger – und doch wohnt hier ein junger Pastor mit seiner Familie, sucht Kontakt zu den Bewohnern von Dangassa und Umgebung und hilft den wenigen Christen im Ort, den Mut nicht zu verlieren und in ihrem Glauben zu wachsen. Dangassa ist nicht die einzige Gemeinde dieser Art und so haben sich die größeren unserer Partnerkirchen in Bamako die Verantwortung aufgeteilt und sind zuständig dafür, kleine Kirchen in der Umgebung zu unterstützen. Das finde ich schon sehr beeindruckend und stelle mir vor, wie das in deutschen Kirchen wäre, wenn gut situierte Gemeinden in größeren Städten sich die Verantwortung für die umliegenden Ortschaften aufteilen würden: zum Einen Jesus gute Botschaft dorthin zu bringen, wo kaum Christen sind und dann die kleinen Gemeinden zu unterstützen, die Hilfe von außen gut gebrauchen können. Und es gäbe in Deutschland ja kaum jemanden, der dafür 3 Stunden mit einem 4×4 fahren müsste…
Gestern hatte ich zwischen einigen Sitzungen und Gesprächen eine nette Begegnung. Für eine Kinderzeitschrift in Deutschland wurde ich gebeten ein paar Fotos aus dem Alltag eines „ganz normalen“ malischen Kindes zu machen. Mit Etiennes Hilfe fanden wir dann auch eine Familie, die sich auf ein solches Unternehmen einließ und so habe ich eine Stunde lang alle möglichen Alltagsszenen mit der 8-jährigen Marthe gespielt und fotografiert. Und Marthe hat voller Eifer und trotzdem ganz natürlich mitgemacht und alle 9 Familien, die in demselben Hof wohnen, hatten ihren Spaß – und stellten sich dann auch noch zum Gruppenfoto zusammen. Schon oft hatte ich den Eindruck, dass vielen Maliern „Theaterspielen“ viel leichter fällt als uns und sie das ganz selbstverständlich hinbekommen.
Und heute habe ich mit unserem „alten Weggefährten“, Daniel, Bassian und den Nachbarort N’gouraba besucht. Wer sich nicht mehr an Bassian erinnern kann, der schaue doch noch mal auf die Einträge von Oktober 2016. Unsere Hilfsorganisation möchte gerne – neben dem, was die Kirche dort schon tut – aktiv werden. Die damals verfallene Entbindungsstation wurde mittlerweile durch ein neues Gebäude von einer anderen Organisation ersetzt. In N’gouraba, wo die zentrale Krankenstation ist, treffen wir auf 2 Krankenpfleger, die uns mit den Gegebenheiten vertraut machen. Eine Hilfe von unserer Seite würden sie sehr begrüßen und auf dem Rückweg über eine völlig ausgefahrene Piste diskutieren Daniel und ich bei satten 20 km/h über die Möglichkeiten, sich sinnvoll einzubringen. Ich glaube, es hat uns beiden Freude gemacht, nochmal miteinander zu planen und Gedanken auszutauschen in einem Bereich, in dem wir vor vielen Jahren lange zusammengearbeitet haben.
Auch wenn die Reisen in Mali nicht mehr so gefahrlos möglich sind wie früher und ich diesmal nicht bis in den Norden nach Sévaré reisen konnte, wollte ich doch sehen, wie denn der Bau unserer zweiten I-ni-sini-Schule fortschreitet und so sind wir Mittwoch früh aufgebrochen um nach San zu fahren. Über eine Straße, die teilweise gut geteert ist und manchmal eher ein Flickenteppich ging es also die ca. 400 km nordöstlich von der Hauptstadt. Als wir ankommen, besuchen wir zuerst Pastor Hesekiel und seine Familie und werden dort freundlich empfangen und beköstigt. Nachdem wir viel geplaudert und uns ein bisschen ausgeruht haben, fahren wir dann die wenigen Kilometer zum entstehenden Schulgebäude. Ich bin erstaunt, wie schnell di
mit dem Bauteam
e Arbeiten voran gehen, denn das Bauteam ist schon bei den Vorbereitungen für das Betondach – danach kommen noch die Innenarbeiten und so wird der Bau vermutlich schon Mitte April fertig werden. Der Bauleiter erklärt mir seine Strategie: „Die Schreinerarbeiten lasse ich von Schreiner hier aus der Stadt machen, aber die Maurer habe ich alle aus der Hauptstadt mitgenommen. Bei Arbeitern von hier kann es schnell Probleme geben: da wird ein Kind krank oder es gibt einen Todesfall in der Familie und schon fallen sie ein paar Tage aus und die Arbeit muss warten. Nehme ich Leute von Bamako mit, dann sind sie sehr daran interessiert, dass sie möglichst schnell den Bau abschließen und wieder nach Hause können…“
Und so schauen wir uns an, was schon geworden ist: mit vielen Hölzern wird das Dach abgestützt, so dass spezielle Ziegel daraufgelegt werden können. Die Eisenbetonträger sind schon gegossen. Wenn das alles vorbereitet ist, kann der Beton darauf gegossen werden und nach 3 Wochen ist alles fest genug, dann können die Balken entfernt werden. Niangaly, der schon seit vielen Jahren mit uns arbeitet, stellt sich schon mal al
erster Schüler Niangaly
s ersten Schüler zur Verfügung. Ein Arbeiter leiht mir seinen Hut, damit ich mit meiner weißen Haut und den wenigen Haaren auf dem Kopf keinen Sonnenstich bekomme. Und dann muss natürlich ein Gruppenfoto her.
Als wir vor ein paar Monaten zuletzt hier waren, waren in der Umgebung nur wenig Häuser zu sehen, jetzt aber wächst das Stadtviertel Zusehens. Das liegt auch an unserer Schule: Der Bauleiter erzählt mir, wie ihn schon manche, die hier ein Grundstück gekauft haben, angesprochen haben, was denn hier entsteht und als sie hören, dass hier eine Schule gebaut wird, meinten sie: „Oh, dann wird es Zeit, dass wir schnell bauen und hier hinziehen, wenn für die Schulausbildung unserer Kinder schon gesorgt ist!“