sitzen und schwitzen

Jahreshauptversammlung: 60 Leute aus verschiedenen Gemeinden Malis. Hitze unter einem sitzungWellblechdacht, der Kopf dröhnt, trinken kann man ohne Ende. Windig ist es diese Tage und mit dem Wind kommt viel Staub, ständig kneift man die Augen zusammen um keinen Sand hinein zu bekommen. Der Präsident des Gemeindebundes hält seinen Rechenschaftsbericht. Alles geht zweisprachig in Bambara und Französisch, während wir noch das Wesentliche ins Deutsche übersetzen: Wieviel Gemeinden sind im letzten Jahr entstanden, wer ist zu den Gemeinden hinzugekommen und wieviel Kinder wurden geboren… Was für Aktionen wurden durchgeführt und welche Projekte gestartet… Danach können Fragen gestellt werden und die Delegierten aus den verschiedenen Gemeinden machen davon reichlich Gebrauch. UnterschriftEngagierte Diskussionen – wenn auch für unser Empfinden nicht über die Dinge, die wirklich die Kernfragen der Kirche sind. Zwischendurch wird gelacht, sich gegenseitig auf den Arm genommen, irgendwo fallen jemandem die Augen zu – wie gut kann ich ihn verstehen!! Zur Mittagszeit werden die Diskussionen lebhafter, obwohl alle im Unterzucker sind. Dann gibt es endlich Mittagessen. Am Nachmittag werden dann die neue Satzung und eine Partnerschaftsvereinbarung mit der Allianz-Mission verabschiedet. Das ganze letzte Jahr haben wir miteinander um diese Übereinkunft gerungen und nun sind wir alle froh, dass sie unter Dach und Fach ist und alle mit dem Ergebnis zufrieden sind. So wird sie dann am nächsten Tag auch feierlich unterschrieben.Kirche

Am Nachmittag des zweiten Tages gibt es ein besonderes Ereignis: in einem großen Festgottesdienst werden Pastor Jacques und seine Frau Naomi in die Rente verabschiedet sowie zwei jüngere Pastoren ordiniert. Jacques und Naomi sind Leute der „ersten Stunde“ in der Zusammenarbeit mit der AM und haben viele Missionare kommen und gehen sehen. Mit viel Geduld haben sie in kleinen Dörfern ihre Gemeinden betreut, sind unaufhörlich zu ihren Nachbarn gegangen und haben mit ihnen über Jesus gesprochen. Große Gemeinden sind dabei nicht entstanden, aber sie haben viel Vertrauen gewonnen und das sieht man heute dann der vollen Kirche mit den unglaublich hübsch und festlich gekleideten Menschen.Kodios

Wir können leider nicht bis zum Schluss bleiben, denn morgen müssen wir zügig nach Bamako zurück, weil unser Rückflug in der Nacht startet. So fahren wir schon mal 200 Kilometer und übernachten in einem einfachen katholischen Gästezentrum. Der malische Ortspastor ist nicht zu Hause, denn er fuhr nach der Feier noch in ein abgelegenes Dorf. Aber um 20:30 kommen hier 2 seiner Kinder mit dem Motorrad an und bringen uns noch etwas zu essen. Das hat Pastor Ezechiel noch aus der Ferne für uns organisiert – malische Gastfreundschaft!

Eiertanz zwischen den Kulturen

Das ist schon spannend hier miteinander unterwegs zu sein! Wir besuchen Projekte, schwitzen in Sitzungen und tauschen uns immer wieder aus über die Arbeit hier, die Kultur, die Art miteinander zu kommunizieren etc. Und wir versuchen immer wieder dem Deutschen die Malier und den Maliern den Deutschen zu erklären. Dabei stellen wir häufig fest, wie wenig wir selbst verstehen. Andererseits aber erleben wir es als sehr bereichernd, manche für uns schon so gewohnte Situationen und Verhaltensweisen durch eine andere Brille zu sehen und verstehen im Erklären dann Dinge, über die wir uns gar keine Gedanken gemacht haben.

VenedigDa ist Mopti, diese quirlige, dreckige (das hat selbst der malische Präsident gesagt), verkehrsbeunruhigte Stadt mit ihren Gerüchen von Fisch, Gewürzen, Staub und … na, ihr wisst schon… Sie wird das Venedig von Mali genannt. Immerhin liegt es am Zusammenfluss von Niger und Bani – aber gibt es außer dem Wasser sonst noch Ähnlichkeiten???

Da schwitzen wir stundenlang in einer Sitzung bei über 40°C und brauchen für die ersten 2 scheinbar „harmlosen“ Tagesordnungspunkte 2,5 Stunden. Wie wird Sitzungsleitung hier verstanden? Warum werden Entscheidungen hier nicht mehrheitlich, sondern im Konsens getroffen?

Warum stehen die vielleicht 10-jährigen Jungen, die gerade frisch beschnitten wurden, mit einem Beschneidungblauen Gewand in der Mittagshitze mit einer Rassel am Straßenrand und das scheint denen sogar Spaß zu machen?

Warum kriegen die Mitarbeiter unserer Partner-Hilfsorganisation den Mund nicht auf beim ersten Treffen mit dem neuen Missionsleiter und sind so „mitreißend“, dass einem die Füße einschlafen? Sind sie schüchtern, müde, abwartend, perspektivenlos, schlecht vorbereitet, respektvoll?

… ein paar interessante Tage haben wir und abends sind wir hundemüde!

 

Unterwegs mit dem Chef

Dekan
… mit dem Dekan der FATMES

Kaum ist Thomas im Land, da kommen wir gar nicht mehr dazu unsere Mails zu schreiben, so voll sind die Tage. Da sind zunächst die zahlreichen Besuche: Wir waren beim Präses unserer Partnerkirche, beim Dekan der theologischen Ausbildungsstätte, beim Leiter des Kirchendistriktes Bamako, beim Vorsitzenden der evangelischen Allianz, beim deutschen Botschafter… Dann haben wir uns den Schulbau angeschaut, den Kunstgewerbemarkt unsicher gemacht, die Taxis in Bamako ausprobiert, eine Fischerfamilie besucht und einen langjährigen Mitarbeiter verabschiedet. Aber wer denkt, wir hätten nur gearbeitet, der irrt, denn auch Joggen im Park (bei fast 4

Abschied Batio
Abschiedsparty von Batio

0°C braucht man sich nicht warm zu machen), essen in einem schön eingerichteten Restaurant und sogar eine Bootsfahrt auf dem Niger gehörten zu unserem Programm. Also, wir können nicht meckern, dass die Tage langweilig sind.

Das gemeinsame Arbeiten macht viel Freude und der Austausch ist bereichernd. Und für die Malier ist es ein wichtiges Signal, dass der „Neue“ sich so schnell auf den Weg zu ihnen macht, sich anhört, was sie bewegt und damit deutlich macht, dass wir nach wie vor an ihrer Seite sind.

Gerade mal 12 Stunden in Mali und schon im Knast…

… so ging es dem „neuen“ Leiter der Allianz-Mission, Thomas Schech, heute. Gestern Nacht kam er in Bamako an und heute Morgen konnten wir mit ihm zu einer Taufe im Gefängnis in Kati fahren. Zusammen mit dem Leiter unseres malischen Partnerbundes und anderen Mitarbeitern fuhren wir zu diesem Ort nicht weit weg von der Hauptstadt. Schon vor ein paar Jahren konnten wir an einem beeindruckenden Gottesdienst teilnehmen und heute war es umso bewegender. Wie aber findet man ein Taufbecken mitten im Knast? Das war unsere erste Aufgabe: Irgendwo wurden Ziegelsteine aufgetrieben, die wohl in der Nähe für einen Hausbau schon „herumlagen“. Die schleppten wir dann alle ins Gefängnis – und freuten uns, dass die Sicherheitsvorkehrungen da etwas anderer Art sind – mit Ziegelsteinen in der Hand jedes Mal durch Scanner und Schleusen… das wäre schon was Anderes gewesen. Die Steine bauten wir dann einfach in 2 Reihen übereinander, legten eine Plane hinein uTaufend dann wurde das Wasser in Eimern hineingegossen. So einfach kann Taufbecken sein! Danach ließen wir uns mit ca. 100 Gefangenen in eine Art großen Käfig sperren und feierten Gottesdienst – mit Liedern zur Gitarre, Predigt und viel Halleluja-Amen! Anschließend wurden 13 Häftlinge getauft, die in den letzten Wochen ein Leben mit Jesus begonnen hatten, während hinter dicken Gitterstäben die anderen zuschauten. Ein paar frische T-Shirts und Shorts waren am Morgen noch schnell gekauft worden, denn die meisten Häftlinge haben nichts zum Umziehen, was sie nach der Taufe hätten anziehen können. Zum AbendmahlAbschluss feierten wir dann noch Abendmahl, nicht mit Brot und Wein, sondern mit Plätzchen und Malvenblütentee. Jesus wird das wohl kaum gestört haben. Als danach einer der Mitarbeiter jedem noch eine Bibel schenken wollte, wehrte der Gefängnispastor ab. Da würde er sich später drum kümmern. Einfach so ausgeteilt, würden sonst viele Seiten als Blättchen zum Zigaretten drehen verwendet werden… Jede Woche fährt er zweimal je 3 Stunden mit dem Motorrad ins Gefängnis, um mit den Insassen zu reden. Daher kennt er seine Leute und weiß auch, dass der Glaube noch nicht alle Lebensbereiche erfasst hat.

Und wir sind wieder einmal beeindruckt von dem liebevollen Engagement unserer malischen Mitarbeiter.

Besuchszeit

Essen
A. teilt Essen mit Koranschülern

Keine Sitzung, keine festen Termine am Samstag! Einfach Zeit für Begegnungen. Am Morgen um 8 beginnt der Männer-Gebetskreis – ja, in Mali gibt es das nicht nur für Frauen!! 10 Männer im eher fortgeschrittenen Alter treffen sich in der Kirche um über einen Bibeltext zu diskutieren und dann zusammen zu beten. Heute geht es um den Sinn und Unsinn von verschiedenen Kirchen und Denominationen. Heftig wird diskutiert. Hier unter sich hat man den Eindruck, dass alle malische Höflichkeit beiseitegelegt werden kann. Man fällt sich ins Wort, widerspricht in aller Deutlichkeit – das ist in Mali sonst eher selten der Fall.

Dann besuchen wir unsere ehemaligen Nachbarn, mit denen wir vor fast 20 Jahren ein Jahr lang Hof an Hof gewohnt haben. Die Kinder, die Karsten damals in schwerer Krankheitssituation behandelt hat, sind mittlerweile einen Kopf größer als wir. Wir tauschen Erinnerungen aus und sprechen über die aktuelle Situation. Solche „zweckfreien“ Beziehungen tun einfach gut.

Wenig später sitzen wir dann bei M&M zum Mittagessen. Es ist der Leiter der AIDS-Arbeit und persönlich ist uns der Austausch mit den beiden wertvoll, weil man auch Themen ansprechen kann, die oft nicht so offen angesprochen werden. So unterhalten wir uns lange über Erziehung von älter werdenden Kindern…

Godi S
Gottesdienst in S.
Chor
Chorgesang

Sonntag: Wir fahren in das 70 km entfernte S.. Bei unserem letzten Besuch hatte A. uns gebeten doch auch mal einen Gottesdienst mit ihnen zu feiern. Dem kommen wir gerne nach und sitzen bei der kleinen Gruppe, die Woche für Woche in diesem stark islamischen Dorf Gottesdienst feiert. Gerad in der aktuell so kritischen Situation empfinden es die Christen dort als große Ermutigung, dass „Geschwister“ aus Deutschland sie besuchen kommen. Beim anschließenden Gespräch erzählt uns A. davon, wie schwer das letzte Jahr für ihn war. Zunächst entzündete sich seine Hand so schwer, dass man ihn operieren musste, weil alles vereitert war. Dann fiel er so ungünstig, dass sich sein Hüftgelenk auskugelte. So an seinen Stuhl gebunden wurde er dann Zeuge, wie seine ca. zehnjährige Tochter in den Brunnen im Hof stürzte. Als er erzählt, spüren wir, wie es für ihn gewesen sein muss, als Vater alles zu sehen aber durch seine Krankheiten nicht helfen zu können.  Viele Meter tief stürzte seine Tochter, verletzte sich aber nicht und konnte sich über Wasser halten. Als sie dann endlich mit einem Seil aus dem Brunnen gezogen werden konnte, waren, so berichten beide Eltern, ihre erste Worte: „Gott muss mich wirklich liebhaben, dass ich mich nicht einmal verletzt habe!“ Noch viel erzählt A., dann schließt er seinen Bericht: „Es ist verrückt, aber bei allen Problemen, die wir im letzten Jahr hatten, ist mein Vertrauen zu Gott gewachsen.“

Nicht Holz – nicht Krokodil!

Unterwegs in den Norden. So vieles läuft ab wie so viele Begegnungen in Mali und ich liebe dieses mir Frühstückvertraute Geplänkel: Ich spreche den Omelettbudenbesitzer auf Peulh an und er antwortet, denn es ist seine Muttersprache. Wir flachsen und tauschen ein paar Floskeln aus. Es stellt sich heraus, dass er mein „Cousin“ ist und jetzt nehmen wir uns erst recht gegenseitig hoch. Ein paar Koranschüler kommen, stecken ihre Köpfe zusammen um den Weißen zu sehen, der Peulh spricht. Als die Leute hören, dass wir viele Jahre in Mali gelebt haben, kommt ein Satz, den wir bei solchen Gelegenheiten immer wieder hören: „Du bist einer von uns!“: du sprichst unsere Sprache, du hast hier gelebt, du kennst unseren Humor. Das ist nett gemeint, aber wir alle wissen, dass es nicht stimmt. Und zum 100sten Mal erinnere ich sie an ihr eigenes Sprichwort: „Ein Stück Holz kann noch so lange im Wasser liegen, ein Krokodil wird nie daraus werden“ und zum ersten Mal wird mir bewusst, wie paradox die Situation ist: Indem ich ihr eigenes Sprichworte in ihrer Sprache zitiere, versuche ich auszudrücken, dass ich zu ihnen gehöre, dass ich ihr Denken und ihre Kultur verstehe – und sage im Sprichwort genau das Gegenteil: „Ich werde nie einer von Euch sein!“ Wie sehr spiegelt das mein Leben in Mali wieder, diesen andauernden Konflikt zwischen „ich bin anders“ und „ich möchte den Maliern ein Malier sein“. Manchmal gibt sich das Stücken Holz der Illusion hin, wenigstens ein bisschen Krokodil zu sein – manchmal ist das Krokodil in mir froh sagen zu können, dass es ja nur ein Stück Holz ist.

Am Abend lesen wir über Bonhoeffers „gemeinsames Leben“ und zum ersten Mal verstehe ich nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen, was er meint, wenn er über geistliche und seelische Gemeinschaft schreibt: „Innerhalb der geistlichen Gemeinschaft gibt es niemals und in keiner Weise ein unmittelbares Verhältnis des einen zum anderen… Weil Christus zwischen mir und dem Anderen steht, darum darf ich nicht nach unmittelbarer Gemeinschaft mit ihm verlangen.“

Kreuzigung wegzensiert?

Der lange Flug nach Mali gibt immer wieder die Gelegenheit sich Filme anzuschauen, für die wir uns sonst nicht die Zeit nehmen. Und selbst Streifen, die noch nicht auf DVD erhältlich sind, können auf dem Bildschirm in der Rückenlehne des Vordermannes angeschaut werden. O.k., das ist kein Großbildschirm und auch nicht 3D – macht aber trotzdem Spaß. Und so schaute ich mir die Neuverfilmung von Ben Hur an. Gerade das richtige Genre für so einen Flug, finde ich, aber dann fällt mir auf, dass etwas Wichtiges fehlt: da ist viel Gesäusel von Vergebung statt Hass, aber dies bleibt irgendwie im luftleeren Raum hängen. Und dann erinnere ich mich: Jesus taucht im Gegensatz zu den früheren Versionen nicht auf, seine Kreuzigung ist nicht Thema und wird schon gar nicht gezeigt. Hier in Mali frage ich ein bisschen nach und suche im Internet und tatsächlich: scheinbar soll die „Jesus-Rolle“ sogar eine größeren Raum einnehmen als bei den bisherigen Verfilmungen. Bin ich zwischendurch eingeschlafen? Oder passte die Kreuzigung nicht ins religiöse Konzept der Fluggesellschaft und wurde kurzerhand rausgeschnitten? Wie werben die nochmal??? Ach ja, „widen your world!“

Cissé

Im Vorbeigehen sind wir uns vor 2 Jahren begegnet. Er lehrt seine Schüler den Koran, die vor ihm auf einer Matte sitzen und größtenteils auf Holzbrettchen geschriebene Koranverse auswendig lernen. Ich grüße ihn auf Peulh und er ist erstaunt einen Weißen zu sehen, der seine Sprache spricht, denn die Sprache der Peulh ist in Bamako eher unüblich. Wir unterhalten uns ein bisschen und ich frage, ob ich seine Schüler filmen darf, was er gerne bejaht. In den Tagen drauf sehen wir uns vielleicht ein oder zwei Mal noch und grüßen im Vorbeigehen. Vor einem Jahr wollte ich ihn noch einmal besuchen, finde aber nur seine Schüler und bestelle einen Gruß. Heute versuche ich es erneut. Als er mich sieht, kommt er fröhlich auf mich zu und begrüßt mich mit meinem malischen Namen. Das haut mich immer wieder um! 2 Jahre nach einer kurzen Begegnung kann er sich noch an meinen Namen erinnern. Ich mich aber nicht an seinen – aber das nimmt er mir nicht übel. Nach ein paar Minuten Smalltalk fragt er mich, wohin ich denn unterwegs sei und als ich ihm sage, ich habe ihn besuchen wollen, werde ich sofort in sein Wohnzimmer eingeladen. Und dort frage ich ihn zu seiner Arbeit als Koranlehrer: In der für den Islam in Mali wichtigen Stadt Djenne hat er selbst den Koran gelernt. Jetzt unterrichtet er hier in Bamako seine Schüler. Sie leben Kinder in Cisses Hofbei ihm zusammen mit seinen eigenen Kindern – eine Art Mini-Internat. Die Jungs stehen morgens um 4 Uhr auf, lernen den Koran rezitieren. Am späteren Vormittag machen sie sich dann auf den Weg um bewaffnet mit einem kleinen Eimerchen Essen sammeln zu gehen – wer immer ihnen etwas gibt. Am Nachmittag kommen sie zurück, das Essen wird geteilt. Auch er isst davon und seine Frau kocht zusätzlich, damit alle satt werden. Und dann wird wieder der Koran auswendig gelernt – bis um 23:00 alle ins Bett gehen. Und wovon leben Cissé und seine Familie? Manche seiner Schüler geben ihm Geld – andere auch nicht. Es gibt kein monatliches Schulgeld oder ähnliches. Wenn die Kinder nach ein paar Jahren den Koran komplett auswendig können, dann geben die Eltern oft eine größere Summe. Auch andere unterstützen Cissé finanziell hier und da. Ein geregeltes Einkommen hat er nicht, scheint sich aber auch nicht schlecht zu stehen. Dann fragt er mich, was ich denn hier so mache und warum ich in Mali sei. Ich erzähle ein bisschen und tatsächlich hat er schon was von der Kirche gehört, die ca. 10 Minuten Fußweg von ihm entfernt ist. Auch eine Frau aus seinem Viertel würde dorthin gehen. Nach so 20 Minuten verlasse ich Cissé wieder. Und wenn ich ihn das nächste Mal besuche, dann schaue ich zunächst auf unseren Blog, damit ich ihn mit Namen begrüßen kann.

die Hausverwalter

Heute ein Treffen ganz anderer Art. Unsere Zentrale in Bamako ist mit vier größeren und einer kleinen Wohnung ein Gästehaus, das wir im Laufe der Jahre viel genutzt haben. Nun wird unser deutsches AM- Team hier immer kleiner und ähnlich geht es anderen Missionsgesellschaften und Organisationen. Dies hat viel mit der (Un-)Sicherheitslage, aber auch mit Anderem zu tun.

So haben wir uns in den letzten Jahren oft gefragt, wie wir das Haus weiter nutzen können bis hin zu der Frage, ob es besser wäre, es zu verkaufen, denn so ein Haus muss ja auch verwaltet werden. Und dann stieß unsere Kollegin Regina bei ihren zahlreichen Kontakten auf eine norwegische Mission, die ihre Gästewohnung aufgrund einer Mäuseplage, der nicht beizukommen war, aufgeben musste und auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten waren. Ihre Vorstellungen trafen sich mit dem, was wir hier haben.

Und heute haben wir dann zusammengesessen: Regina und wir beide, zwei Norwegerinnen und Boukary, unser malischen Mitarbeiter vor Ort. Ganz unkompliziert konnten wir über die Modalitäten sprechKettenverkäuferen und uns einigen. Und als Sahnebonbon haben sie auch noch einen erfahrenen und bewährten Wächter, den wir hier dringend brauchen, da unser langjähriger Mitarbeiter Batio in Rente geht. Solche „Win-Win- Lösungen“ ermutigen uns und wir staunen über Gottes Maßarbeit!

Und am Nachmittag dann wieder der obligatorische Gang zum Kunstgewerbemarkt. Hunderte von Schlüsselanhängern und ähnliches müssen wir für „I-ni-sini“ besorgen. Auf dem Weg dorthin begegnen uns Schülerinnen einer islamisch geprägten Schule in der Nachbarschaft. Das motiviert zur „Shoppingtour“. Ja, wir wollen dafür arbeiten und beten (und wenn nötig auch einkaufen), dass Kinder Jesus kennen lernen!

Gottesdienst spontan

Da die Sonntage ja nicht so zahlreich sind, wenn man nur 3 Wochen im Land ist, hatten wir beschlossen heute – trotz Klimawechsel und wenig Schlaf – nach Nyamana in den Gottesdienst zu fahren. Vorsorglich hatten wir das schon vor 2 Wochen mit dem verantwortlichen Kreispastor abgesprochen. Heute Morgen riefen wir dann vorsichtshalber den Pastor der Gemeinde an – auch um den genauen Weg zu erfragen. Hups, da war dann die Verwirrung groß. Er wollte sich gerade auf dem Weg machen in eine andere Gemeinde, die er auch noch betreut. Irgendwie hatte er die Daten verwechselt und gedacht, wir kämen erst nächste Woche. Aber das ist alles kein Problem: Dann bleibt er eben da (keine Ahnung wer die Predigt dann in der anderen Gemeinde gehalten hat), Thomas, der eigentlich in Nyamana für die Predigt vorgesehen war, wurde kurzerhand dazu berufen Karsten zu übersetzen – na, dann hat er ja für nächste Woche schon was vorbereitet. Und das predigen in Mali macht einfach Spaß! Als Karsten gestern im Flugzeug für heute betete, empfand er, dass die Predigt, die er vorbereitet hatte, zu wenig praktisch ins Leben der Malier sprechen würde. Na, zum Glück war der Flug ja sehr lang und so wurde noch etwas Anderes vorbereitet. Und wieviel konkreter wird es, wenn wir uns dann über den Unterschied zwischen dem Flugverhalten eines Huhns und eines Adlers Gedanken machen, um zu verstehen, wie Gott dem Müden Kraft gibt, damit er fliegen kann wie ein Adler…

Bauplatz
Bauplatz (Gemeindhaus im Hintergrund)

Als wir nachher noch zusammensitzen, bitten wir um Hilfe beim Nummerncode einlesen für Karstens Prepaid-Handy. Im Eifer des Gefechtes hatte er wohl ein wenig zu heftig gekratzt und die Nummer war nun teilweise unleserlich. Das Unterfangen dauerte insgesamt wohl eine Stunde, vier Leute und vier Handys waren nötig und ebenso wurde 4 x der Service angerufen (ja, die sind auch am Sonntag da), um das Problem zu lösen. X-Mal versuchten wir zu sagen, dass es doch nicht so schlimm sei, dass wir das doch auch später noch machen könnten, dass wir ihnen doch nicht die ganze Zeit rauben wollen… Aber das gehört zu Mali: Unser Problem war nun auch ihr Problem und sie gaben sich erst dann zufrieden, als wir wieder telefonieren konnte.

Freude machte es außerdem zu sehen, wie schnell das Schulgebäude vom I-ni-sini-Projekt wächst (das ja auf dem Grundstück der Kirche in Nyamana gebaut wird). Vor gerade mal 3 Wochen wurde der Bau begonnen und schon stehen Fundamente und einige Mauern. Das macht Mut!