Cissé

Im Vorbeigehen sind wir uns vor 2 Jahren begegnet. Er lehrt seine Schüler den Koran, die vor ihm auf einer Matte sitzen und größtenteils auf Holzbrettchen geschriebene Koranverse auswendig lernen. Ich grüße ihn auf Peulh und er ist erstaunt einen Weißen zu sehen, der seine Sprache spricht, denn die Sprache der Peulh ist in Bamako eher unüblich. Wir unterhalten uns ein bisschen und ich frage, ob ich seine Schüler filmen darf, was er gerne bejaht. In den Tagen drauf sehen wir uns vielleicht ein oder zwei Mal noch und grüßen im Vorbeigehen. Vor einem Jahr wollte ich ihn noch einmal besuchen, finde aber nur seine Schüler und bestelle einen Gruß. Heute versuche ich es erneut. Als er mich sieht, kommt er fröhlich auf mich zu und begrüßt mich mit meinem malischen Namen. Das haut mich immer wieder um! 2 Jahre nach einer kurzen Begegnung kann er sich noch an meinen Namen erinnern. Ich mich aber nicht an seinen – aber das nimmt er mir nicht übel. Nach ein paar Minuten Smalltalk fragt er mich, wohin ich denn unterwegs sei und als ich ihm sage, ich habe ihn besuchen wollen, werde ich sofort in sein Wohnzimmer eingeladen. Und dort frage ich ihn zu seiner Arbeit als Koranlehrer: In der für den Islam in Mali wichtigen Stadt Djenne hat er selbst den Koran gelernt. Jetzt unterrichtet er hier in Bamako seine Schüler. Sie leben Kinder in Cisses Hofbei ihm zusammen mit seinen eigenen Kindern – eine Art Mini-Internat. Die Jungs stehen morgens um 4 Uhr auf, lernen den Koran rezitieren. Am späteren Vormittag machen sie sich dann auf den Weg um bewaffnet mit einem kleinen Eimerchen Essen sammeln zu gehen – wer immer ihnen etwas gibt. Am Nachmittag kommen sie zurück, das Essen wird geteilt. Auch er isst davon und seine Frau kocht zusätzlich, damit alle satt werden. Und dann wird wieder der Koran auswendig gelernt – bis um 23:00 alle ins Bett gehen. Und wovon leben Cissé und seine Familie? Manche seiner Schüler geben ihm Geld – andere auch nicht. Es gibt kein monatliches Schulgeld oder ähnliches. Wenn die Kinder nach ein paar Jahren den Koran komplett auswendig können, dann geben die Eltern oft eine größere Summe. Auch andere unterstützen Cissé finanziell hier und da. Ein geregeltes Einkommen hat er nicht, scheint sich aber auch nicht schlecht zu stehen. Dann fragt er mich, was ich denn hier so mache und warum ich in Mali sei. Ich erzähle ein bisschen und tatsächlich hat er schon was von der Kirche gehört, die ca. 10 Minuten Fußweg von ihm entfernt ist. Auch eine Frau aus seinem Viertel würde dorthin gehen. Nach so 20 Minuten verlasse ich Cissé wieder. Und wenn ich ihn das nächste Mal besuche, dann schaue ich zunächst auf unseren Blog, damit ich ihn mit Namen begrüßen kann.

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