Szenen eines Sitzungstages

M. soll etwas vorlesen und hat Schwierigkeiten mit der kleinen Schrift. Sofort reißen sich alle Sitzungsteilnehmer die Brille von der Nase: „Hier, Du kannst meine haben“, „Nein, nimm lieber die hier, die passt bestimmt besser!“…

Es stellt sich die Frage, wo die drei Bibelschüler demnächst ihr Praktikum absolvieren sollen. Zwei von drei Kirchendistrikten wollen jeweils zwei Bibelschüler haben. Der dritte Distrikt hat zurzeit keinen Bedarf. Eine heiße Diskussion beginnt zwischen den beiden Distriktverantwortlichen, wer den größeren Bedarf hat. Nach einer viertel Stunde dann das salomonische Urteil auf malisch: jeder der 3 Distrikte bekommt einen Bibelschüler – auch der, der keine Bedarf angemeldet hat.

Wort des Tages des ehemaligen Präses: „Versöhnung, die nicht von Herzen kommt, ist wie ein Kuhfladen, der außen getrocknet innen aber noch ganz feucht ist!“

In diesem Jahr reicht das Geld nicht für die Durchführung einer Jüngerschaftsschulung. „Das ist nur, weil ihr im letzten Jahr alles Geld auf den Kopf gehauen habt, statt etwas für dieses Jahr aufzuheben.“, sagt einer der Pastoren. Eine heiße Diskussion schließt sich an mit gegenseitigen Vorwürfen, Rücktrittsdrohungen und immer wieder (nanu!) fröhlichem Gelächter. Und wir sitzen dabei und wundern uns. Schamkutur? Man hat uns immer gesagt, dass man in Mali niemanden in der Öffentlichkeit bloßstellen darf und hier geht es zur Sache, wie wir es uns in einem deutschen Leitungsgremium nicht vorstellen können. Und doch… in der Pause werden sich fröhlich weiter Dinge an den Kopf geworfen, man diskutiert, flaxt und dann essen alle gemeinsam und scheinbar problemlos miteinander.

… die Feinheiten der internen Kommunikation haben wir wohl noch wenig verstanden! (Ob wir das besser kapieren würden, wenn wir Bambara sprächen und nicht auf die Übersetzung angewiesen wären?)

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