Manchmal denkt man, man glaubt es nicht.

Ein Seminar in der FATMES, der theologischen Ausbildungsstätte in Bamako. Auf der Tagesordnung steht das Thema Ehe, Scheidung, Wiederheirat. Wir sind gespannt darauf, wie malische Theologen diese Fragen behandeln. Aber dazu ist erst einmal Geduld angesagt. Als wir eine halbe Stunde vor dem offiziellen Beginn ankommen, ist bisher nur der Moderator anwesend und wir fangen schon mal ein bisschen an über das Thema zu reden. Alfred soll mal eben in einem Schnelldurchgang seine Position schildern. Langsam gesellen sich andere Verantwortungsträger malischer Kirchen hinzu. Dann aber wird das Thema spontan gewechselt: Er habe seit einer Flugreise so einen hartnäckigen Husten, erklärt uns der Präses einer der größten evangelischen Gemeindebünde Malis und da habe man ihm ein Mittel verschrieben. Er habe nicht gewusst, dass das müde macht und als er dann nachts auf Clo gegangen sei, da sei er dort einfach in hockender Stellung eingeschlafen. Eine Stunde später habe sich seine Frau lampenwechselSorgen gemacht und ihn dort gefunden. Irgendwie ist das völlig natürlich, wie wir da so im lockeren Gespräch miteinander sind und über die Geschichte lachen, bis ich mir plötzlich vorstelle, der Vorsitzende von einem unserer Gemeindebünde in Deutschland hat Besuch von 3 ausländischen Gästen und trifft zusammen mit anderen Kirchenvertretern und erzählt uns… ihr wisst schon… Einmal mehr wird mir deutlich, wie kontextbezogen unser Reden und Handeln ist.

Als dann das Seminar anfangen soll, sitzen ganze vier junge Frauen außer uns vor dem Redner. Der Techniker, der eigentlich vorgesehen war, ist nicht gekommen und so bastelt Alfred schon mal ein bisschen an den Kabeln für die Lautsprecher rum. Als der Techniker dann doch noch kommt und alles angeschlossen hat wird festgestellt, dass man für 10 Leute ja eigentlich gar kein Mikro braucht. Auf abenteuerliche Weise wird noch schnell eine Birne gewechselt und dann wird gewartet… Als eine halbe Stunde später dann ganze 6 Frauen und 2 Männer da sind (neben uns und eben einigen Repräsentanten der Kirchenbünde und des theologischen Seminars) fangen wir dann doch noch an. Das Referat hält eine alter Pastor, der schon seit Jahren in Rente ist (hätten wir vermutlich auch anders entschieden…). Er gibt einen guten und ausgewogenen Überblick über verschiedene Ansichten, positioniert sich aber auch klar. Danach ist Referentnoch Zeit für Fragen und Diskussionen und ich sitze da und denke, ich bin im falschen Film: Die jungen Teilnehmer stellen so glasklare Fragen vor den betagten kirchlichen Würdenträgern, dass mir Hören und Sehen vergeht: Welche Konsequenzen das für eine Ehe hat, wenn sich nach der Hochzeit herausstellt, dass der Mann impotent ist und wie das mit Masturbation und Sexspielzeugen in der Ehe ist, wenn der Partner nicht befriedigt werden kann … Und die Pastoren antworten in aller Gelassenheit mal eher theologisch, mal eher seelsorglich und ich sitze da und bin fasziniert von diesem respektvollen und gleichzeitig so offenen Miteinander der Generationen. Manchmal denkt man, man glaubt es nicht…

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