Schulsysteme

Istanbul – Niamey – Bamako: nach 9 Stunden Reise betreten wir um 1:15 in der Nacht malischen Boden, warten noch eine Stunde auf unsere Koffer und fallen um 3:00 dann müde ins Bett. Wie schön, dass uns unsere Kollegen abgeholt haben, auch wenn eine Taxifahrt in Bamako vermutlich zielsicherer ausgesehen hätte als in Istanbul… Da wir nur an 3 Sonntagen hier in Mali sind, verzichten wir erst mal auf’s Ausschlafen und fahren nach Kouloubleni zum Gottesdienst. Beim Vorprogramm wird der Kampf mit dem Schlaf zwar manchmal hart erstritten aber doch gewonnen und bei der Predigt hat Karsten dann wieder genug Adrenalin im Blut…

Die Schule ist unsere Zukunft!

Ein Gemeindecafé gibt es hier nicht, aber nach dem Gottesdienst sitzen wir dann noch lange bei Pastor David und ein paar Gemeindeältesten. Da wir planen mit unserer Partnerkirche christliche Schulen in Mali zu gründen, freut es uns, dass einer der Ältesten Lehrer ist und wir kommen über das hiesige Schulsystem ins Gespräch: Der Pastor erzählt, dass seine Kinder nun zum wiederholten Mal versuchen die mittlere Reife bzw. das Abi zu machen. Wie hoch denn die Durchfallrate insgesamt sei, fragen wir. 20% hätten in diesem Jahr die Abschlussprüfungen bestanden – das sei ein komplettes Versagen des Schulsystems. Und woran liegt das? Unsere Gesprächspartner sind sich da schnell einig: Mittlerweile würde an allen staatlichen Schulen die ersten Jahre in der Muttersprache unterrichtet. Erst im 5. – 6. Schuljahr begänne man dann in Französisch zu lehren. Damit seien die Kinder völlig überfordert, weil es z.B. in Mathematik in den Landessprachen gar keine entsprechenden Begriffe gäbe. Würde man das gesamte Schulsystem in der eigenen Sprache bleiben, sei das denkbar, aber nach 5 Jahren zu wechseln… Allerdings wäre dann das Problem auch nur verschoben, denn die Universitäten würden ja doch wieder in Französisch unterrichten. Und warum wird das System trotzdem so durchgezogen? Die Geldgeber würden das so wollen und die Politiker würden davon finanziell gut profitieren… Aber es sei doch wirklich vielsagend, dass gerade die Lehrer öffentlicher Schulen fast alle die eigenen Kinder auf Privatschulen schicken würden, wo von Anfang an Französisch gelehrt wird.

Die Geldgeber… die Politiker… das hören wir immer wieder in Mali. Und es hört sich für unsere Ohren oft etwas fatalistisch an. Ist die Gründung von Privatschulen ein Ausweichen vor dem Problem oder eher eine demokratische Antwort?

2 Antworten auf „Schulsysteme“

  1. Many factors contribute to a successful educational system. Belief in the system is very influential. The families need to believe in the system. This is why local school boards are important. Private schools can be a help if people believe they are better. They might be better for other reasons also.

    I believe that Malian schools that begin with native language instruction do, or should, transition the use of language from native to French, using more French each year until the third year or so. Reading is a learned skill which is transferable from language to language. If you know how to read in one language, it will be easy to learn to read in another language that you can speak. Learning to read with understanding is a primary problems. Many Malians first learn to read in Arabic, which they do not understand. I don’t call it reading, maybe it is better to call it reciting. Often French school follows and they learn to recite French, but understanding is still largely absent. The failure of the the educational system is not surprising.

    I believe teaching students to read in a language they understand is best. While they are learning to read in a language they understand, they can begin to learn another language. But only learning to recite the language will not help.

    Although teaching reading in the native language is important*, it is more important for people to manage their own education, and the education of their children, so that they can believe in the system they are using and so that they can find out what works best for themselves in their own context. Inviting consultants is a good idea, but deciding for them is probably not.

    *The statement „There are no math terms in the language,“ may indicate an ignorance of the native language. In Bambara there almost certainly are, and if there aren’t there could be.

    You send this to the blog if you think it’s appropriate. I think it’s probably even okay for our Malian audience, but may contradict some opinions that might take offense.

    John Apel

  2. Zu dem Thema wuerde mir extrem viel einfallen! Aber wahrscheinlich wollt ihr meine Kotze gar nicht hoeren bzw. wuerde ich euch nicht viel Neues erzaehlen. Danke, John, fuer deinen Kommentar, ich stimme dir vollkommen zu: „Man lernt nur ein Mal im Leben lesen – und das am besten in der Muttersprache!“

    Hier nur ein Gedanke: Eure Gespraechspartner argumentieren mit falschen Fakten. Es ist nicht im entferntesten wahr, dass die meisten malischen Grundschulen inzwischen in der Muttersprache beginnen – leider erst die wenigsten! Die richtigeren Fakten fuer das voellige Versagen des Schulsystems sind woanders zu finden: miserable Ausbildung der Lehrer, enorme Schuelerzahl in den Klassen…

    Es waere interessant unter den Abiturienten nachzufragen, wieviele von den 80% auf Frz. angefangen haben und wieviele von den 20%.

    Aus anderen Laendern* (in denen die Lehrerausbildung adaequat und die Schuelerzahlen in den Klassen kleiner sind) weiss man, dass Kinder und Jugendliche aus Muttersprachenschulen, in denen ab der 3. oder 4. Schulstufe langsam auf die Landessprache umgestellt wird, in der Mittelstufe bzw Universitaet durchwegs besser abschneiden als ihre rein landessprachlich unterrichteten Klassenkollegen.
    *Meine Recherchen stammen vorwiegend aus Lateinamerika, die mit ebensovielen einheimischen Sprachen umgehen muessen wie Mali.

    Anne-Marie Klade
    gescheiterte Alphabetisiererin (seit 16 Jahren in Mali),
    die sich jetzt auf die Verbreitung von Gottes Wort ueber audio-visuelle Medien konzentriert.

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