Gepäck is‘ weg

Ankunft in Bamako um 1 Uhr nachts. 3 Stunden Flug nach Istanbul und dann noch einmal 6 Stunden bis nach Mali. Lesen, essen, Film schauen, vergeblich versuchen zu schlafen – irgendwie geht die Zeit dann rum. Und dann die üblichen Formalitäten: Nachweisen, dass man auch Corona-geimpft ist, Passkontrolle – mittlerweile sind so viele Visa von Mali in unserem Pass, dass man uns in Istanbul schon gefragt hat, warum wir uns nicht einen malischen Pass besorgen (wenn das so einfach wäre…) und dann das übliche Warten aufs Gepäck. Ein paar Koffer drehen Runde um Runde auf dem Gepäckband aber es kommen keinen neuen mehr dazu. Kennen wir schon, also warten wir brav. Skeptisch werden wir, als immer mehr Passagiere das Band verlassen und zum Reklamationsschalter gehen. Dann bleibt das Band irgendwann stehen. Tatsächlich: heute ist wohl (fast) gar kein Gepäck mitgenommen worden – alles wartet (hoffentlich) noch in Istanbul.

Also stellen wir uns auch an am Schalter – aber wo ist hier das Ende der Schlange? Eine Traube von nahezu allen Passagieren versammelt sich um die 3-4 Mitarbeiter, die hinter eine Glasscheibe versuchen, Herr oder Frau der Lage zu werden. Ich stelle mich irgendwo hinten rein und hoffe, dass ich im Laufe der Zeit weiter nach vorne rücke – wird wohl eine lange Nacht werden. Zwischendurch plaudern wir mit den ebenfalls wartenden Maliern und dieses Kulturstudium ist wirklich interessant: Die Malier drücken und schieben, plaudern, rufen – klar, jeder wäre jetzt gerne mit seinem Koffer zu Hause, aber jetzt ist es halt so…, fühlt sich aber auch nicht viel anders an als am Eingang zum Stadion vor einem Fußballspiel. Und dann sind außer mir noch 3 Nicht-Schwarzafrikaner in der Traube und ihr Verhalten ist so völlig anders: einer, vermutlich ein Nordafrikaner, ist zwar insgesamt recht guter Stimmung, ruft aber ständig lautstark den Mitarbeitern zu, sie sollten doch mal endlich schneller arbeiten. Ein anderes „Bleichgesicht“ ist sichtlich genervt und gummelt ständig vor sich hin, mal lauter mal leiser, macht er seiner Unzufriedenheit Luft und drückt sich vorwärts zum Schalter. Eine Dame – vermutlich aus Asien steht schweigend in der Schlange, drängelt sich dann aber, als sich eine Gelegenheit bietet, kommentarlos vor. Da wiederum verstehen die Malier keinen Spaß und sofort wird geäußert, dass sie nicht denken solle, nur weil sie eine Weiße sei, könne sie sich über die Reihenfolge hinwegsetzen. Die Dame sagt dazu kein Wort, wartet nur stoisch auf ihre Papiere, bittet nicht um Entschuldigung. Das ärgert um so mehr, aber da sie eine Frau ist, äußert man zwar seinen Missmut, aber lässt die Sache nicht eskalieren.

Und wie habe ich mich verhalten? Na, das schreib ich natürlich nicht. War ich doch in erster Linie damit beschäftigt zu beobachten, wie verschieden man mit einer solchen Situation umgehen kann. Und dabei bewundere ich immer wieder diese malische Mischung aus Chaos und Gelassenheit

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