Manuel und Enoc nehmen mich mit zu einer abendlichen Gebetsversammlung. Keine Ahnung, was mich da erwartet. Das Ganze findet statt im Hof einer Frau, die als Unternehmerin tätig ist: ganz klein hat sie angefangen mit dem Verkauf von Kleie als Tierfutter mit einem winzigen Lädchen. Ihr Pastor hat ihr immer mal ein bisschen Geld zugesteckt, damit sie überhaupt erst mal mit diesem kleinen Gewerbe anfangen kann. Sie war fleißig und auch treu im Umgang mit dem Geld. Stück für Stück hat sie sich hochgearbeitet und hat mittlerweile auch für deutsche Verhältnisse viel Geld, mit dem sie jetzt wiederum großzügig die Arbeit der Kirche unterstützt.
Nun sitzen wir mit etwa 40 meist Kindern und Jugendlichen in einem bescheidenen Hof. Es wird gesungen und getanzt. Nach den Liedern erzählen manche über das, was sie mit Gott erlebt haben oder wofür sie gerne Gebetsunterstützung hätten: ein junger Mann berichtet, wie er nach langem Warten jetzt eine gute Arbeit bekommen hat, es wird für die Kranken gebetet, dafür, dass die ständigen Streiks der Lehrer oder Schüler aufhören und endlich wieder kontinuierlicher Unterricht möglich ist und natürlich für die Sicherheitslage in Mali… Hier und da läuft mal jemand eingewickelt in ein großes Stück Stoff vorbei, weil er sich gerade in der Open-Air-Dusche gewaschen hat. Es findet halt das ganze Leben im Hof statt. Die ersten Kinder schlafen ein und werden entweder einfach auf eine Matte gelegt oder ins Haus gebracht. Dann darf ich auch ein paar Worte sagen. Ich teile mit ihnen meine Freude, dass wir trotz aller Unterschiede – den sichtbaren wie den nicht ins Auge fallenden – eine Familie sind und obwohl wir uns nicht kennen, doch denselben himmlischen Vater haben. Pastor Enoc schließt dann noch ein paar Worte zu einem Bibeltext an, der die jungen Leute darauf vorbereitet, dass sie aufgrund ihres christlichen Glaubens verachtet, verfolgt und getötet werden können. Das scheint so gar nicht zu dem fröhlichen Abend zu passen. Aber es ist in Mali in vielen Teilen des Landes Realität und es macht keinen Sinn, davor die Augen zu schließen. Die jungen Leute hören aufmerksam zu. Wie wünsche ich mir, dass Gott sie vor dem bewahrt, was anderswo schon zum täglichen Leben gehört.
Am Schluss gibt es noch ein Geschenk für alle: die Hofbesitzerin hat T-Shirts mit dem Aufdruck: „Joyeux Noël“ (Frohe Weihnacht) gekauft und jeder (auch ich!) bekommt eines. Mit lautem Jubeln und Klatschen wird diese Überraschung gefeiert und gleich noch ein spontanes Lied angestimmt.
Dann fahren wir wieder zurück. Eine kurze Begegnung, nichts Besonders, aber sie hat mein Herz erreicht.