Flucht nach Europa – eine malische Perspektive

Nach einem warmen, munteren, langen Gottesdienst sitze ich mit ein paar Christen zusammen und wir unterhalten uns über mache aktuelle Entwicklung in Mali. Dabei erzähle ich, wie uns in Europa die Flüchtlingsströme aus Afrika beschäftigen und frage nach ihren Gedanken:

Das sind vor allem junge Leute, die keine Ahnung haben, auf was sie sich einlassen. Mittlerweile gibt es einige Organisationen, die darüber aufklären, auch ein Film ist schon dazu gedreht worden, aber die jungen Leute nehmen das nicht wahr. Und dann kommt mal einer aus Frankreich oder Spanien wieder, hat einiges an Geld dort verdient und baut sich nun ein schickes Haus – dann wollen alle jungen Leute aus seinem Dorf los und auch ihr Glück versuchen. Die, die ertrunken sind, erzählen ja ihre Geschichte nicht mehr. Und es gibt so viele Leute, die sind zwar nach Europa gekommen, aber leben unter schlimmen Umständen, schlafen wie die Sardinen in einer Büchse in irgendeiner Massenunterkunft. Die würden gerne wieder zurück nach Mali, aber dafür haben sie kein Geld und selbst wenn sie welches hätten, dann schämen sie sich so sehr, dass sie sich nicht mehr nach Hause trauen. … die sieht hier natürlich keiner. Und die, die mit Geld zurück kommen, die haben in Europa hart dafür gearbeitet. Das finden die ja nicht einfach so. Also, wenn die hier in Mali genauso fleißig arbeiten würden, dann könnten sie hier auch eben soviel Geld verdienen.“

Bei uns in Europa denken viele, wer um ein solches Risiko weiß und es trotzdem auf sich nimmt, dem muss es wirklich sehr schlecht gehen, sonst würde er ein solches Wagnis nicht eingehen – was denkt ihr dazu?

Das ist einfach nur Unwissenheit. Viele junge Malier denken, sie würden in Europa alles geschenkt kriegen und weil sie keine Lust haben zu arbeiten, wollen sie nach Europa. Sie sehen da alles mögliche im Fernsehen und denken, das würde man alles umsonst bekommen. Aber hier in Mali gibt es doch alles: wir haben Wasser, wir haben Land, du kannst alles kaufen. Die Chinesen kommen hierhin um bei uns Reis anzubauen. Wenn die Menschen in Europa wüssten, was wir hier alles haben könnten, dann würden sie doch fragen: „Aber warum kommt ihr denn dann noch nach Europa?“

Und dazu kommt noch, dass es hier viele Marabouts gibt, die dir gegen Geld alles mögliche erzählen: du musst dieses oder jenes Opfer bringen und dann kann dir nichts passieren, dann bist du auf der Überfahrt geschützt. Die Leute glauben so was und denken dann, ihnen würde nichts zustoßen.“

Sicherlich ist das nicht die ganze Wahrheit und es gibt unterschiedliche Sichten und Realitäten. Und doch habe ich mich manchmal bei den Presseberichten der letzten Monate gefragt, ob wir wirklich meinen, die Dinge im Kern begreifen zu können, um dann unsere Lösungen anzubieten.

P.S.: O. ist heute abend angekommen! Inklusive Koffer! Hallelujah!

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