Irgendwie wird es mir nicht langweilig immer wieder zu erzählen von den Gottesdiensten – euch? Diesmal in San, 450 km nordöstlich der Hauptstadt. Bis dahin kann ich noch vordringen, danach fängt die „rote Zone“ an. San ist noch eine der wenigen Kirchen, die kein eigenes Gebäude haben und sich deshalb die Gottesdienstbesucher unter einem Strohdach treffen. Daher fangen die Gottesdienstvorbereitungen schon früh an, denn alle Stühle müssen aus dem Lager geholt und aufgebaut werden, ebenso wie die Verstärkeranlage, denn es sind immerhin über 100 Leute, die sich da versammeln. Das Ambiente hat schon etwas Rühriges: Mitten im Hof des Pastorenhauses sitzen wir dicht beieinander unter einem vielleicht 1,90 Meter hohen Strohdach – wer größer ist, lernt da Demut, denn immer wieder stehen wir zum Singen oder Beten auf. Die Kinder sitzen wie immer auf dem Boden auf einer Matte. Neben uns wühlen ein paar kleine Ferkel im Dreck, der Hahn kräht ab und zu mal seine Bestätigung – nur der Esel gibt glücklicherweise heute keinen Laut von sich. Der Aufbau der Musikanlage geht noch den halben Gottesdienst weiter. Auf abenteuerliche Art und Weise werden mit den Zähnen Kabel abisoliert, verbunden und der Verstärker mit der Autobatterie im Pastorenhaus verbunden. Und dann das Kontrastprogramm. Ich habe mein Liederbuch in der Sprache der Bambara vergessen und da holt Pastor Ezechiel seit Smartphone aus der Tasche und öffnet seine Liederbuch-App. Uff, damit hatte ich nicht gerechnet! Zwischendurch kommt immer mal sein Enkel zu im gelaufen. Die beiden hängen aneinander, das ist zu schön zu sehen. Auch bei den Instrumenten mischt sich Tradition und Moderne: Balaphon und Djembe sind genauso dabei wie E-Gitarre und Digitalschlagzeug. Als die Bambaralieder zu Ende sind, kommen die der Bobos: eigenwilliger Rhythmus und pentatonische Melodieführung (wem das was sagt…) und man merkt sofort den Unterschied: fast alle hier gehören der Ethnie der Bobos an und das ist ihre Sprache, das ist ihre Musik. Die jungen Leute hält es nicht auf ihren Stühlen. Sie gehen neben das Strohdach und fangen an zu tanzen – echt beeindruckend die Schrittfolge und Bewegungsmuster und alles im Einklang. Das ist wirklich mal ein ganzheitlicher Lobpreis! Und außerdem kommt man vor der Predigt noch mal richtig außer Atem, so dass man sich dann besser konzentrieren kann. Netterweise darf ich hier predigen und es macht immer wieder Freude wie uns Gottes Wort über die kulturellen und sprachlichen Grenzen hinweg zusammenbringt.
Gottesdienst in San, nach 2,5 Stunden werden die Stühle wieder abgeräumt, die Anlage abgebaut aber die Jugend macht noch weiter Musik. In Kürze müssen sie nicht mehr unter dem Strohdach sitzen, denn bald ist ein Gebäude fertig, das zumindest vorübergehend als Gottesdienstraum genutzt werden kann. Da freuen sich alle drauf. Nur, wo tanzt dann die Jugend???