Verschleppt

Daniel war zurück auf dem Weg von einer Fortbildung nach Hause. Eigentlich erstaunlich, dass er mit seinen 74 Jahren noch an so etwas teilnimmt. In einem Sammeltaxi fuhr er zurück von Sévaré nach Bandiagara, als der Wagen von bewaffneten Männern aufgehalten wurde. Zuerst versuchte der Chauffeur noch zu entkommen, aber sie eröffneten sofort das Feuer: mehrere Menschen starben, andere wurden verletzt. Die unverletzten wurden als Geiseln mitgenommen, die anderen einfach dort gelassen. Einer der Fahrgäste war angeschossen worden, aber die Entführer merkten dies nicht sogleich, sondern nahmen ihn mit. Erst unterwegs stellen sie fest, dass er verwundet war und ließen ihn einfach zurück. Er starb an seinen Verletzungen. Daniel wurde mit 6 anderen Männern verschleppt: ein alter Mann in Gefangenschaft bei islamistisch motivierten Terroristen – der Vater von einem unserer Mitarbeiter hier in Bamako. Die Familie wusste, dass er in Sévaré war und als sie von dem Überfall hörten, befürchteten sie schon, dass ihr Vater dabei war. Lebte er noch? War er verletzt? War er verschleppt worden? Bald wurde klar, dass er zu den Entführten gehörte; der Chauffeur des Sammeltaxis wurde nach kurzer Zeit freigelassen und erstattete Bericht. Und dann meldeten sich die Entführer bei Daniels Familie per Handy. Angeblich wollten sie kein Geld, vielmehr sollten die Geiseln sich zu ihrer Vorstellung vom Islam bekehren, denn die meisten von ihnen waren Muslime – aber eben nicht so, wie sich die Entführer das vorstellten. Daniel ist Christ. Sie forderten ihn auf, die islamischen Gebete zu sprechen, aber er weigerte sich. Am Telefon versuchte die Familie zu verhandeln. Sie schalteten einen Mittelsmann ein und auch eine dort arbeitende Hilfsorganisation startete Vermittlungsversuche. Dann irgendwann kam es zu einem weiteren Telefonkontakt, bei dem die Geiselnehmer Dinge wissen wollten, die das kontaktierte Familienmitglied nicht preisgeben wollte. Das ist jetzt Monate her und seitdem ist Funkstille. Keiner weiß mehr, wie es Daniel und den anderen geht. Manche der anderen Familien haben die Hoffnung aufgegeben, glauben nicht mehr daran, dass ihr Verwandter noch lebt. Daniels Familie betet weiter. Und sie hofft doch noch eine Nachricht zu bekommen, zu hören, dass ihr Vater lebt, dass es ihm gesundheitlich trotz seines Alters gutgeht und dass die Entführer ihn doch noch freilassen. Seit seiner Entführung beten wir und viele andere Menschen in Deutschland mit ihnen. Manche schrieben ein paar kurze Zeilen der Anteilnahme an die Familie und das ermutigte sie sehr – zu sehen, dass sie nicht allein sind, dass auch Menschen, die viele 1.000 Kilometer weg von ihnen leben, das Schicksal ihres Vaters nicht egal ist und sie mit ihnen gemeinsam damit vor Gott kommen.

Und ich möchte Euch einladen, am kommenden Sonntag einen besonderen Tag des Betens und des Fastens für Daniel zu begehen. Wir bitten Gott um ein Lebenszeichen von Daniel, für ein Ende der Ungewissheit, für seine Befreiung, an die ohne ein Wunder keiner mehr so recht glauben möchte.

Und wer das möchte, der schreibe gerne auch ein paar Zeilen hier als Kommentar der Ermutigung an Daniels Familie – sie werden das lesen und vielleicht dadurch gestärkt werden.

2 Antworten auf „Verschleppt“

  1. Es segne Euch

    Der Euch Geist ist und Kraft, Licht und Liebe
    mit Frieden und Hoffnung
    Der Euch begleitet
    auf gefährlichen Pfaden, in finsteren Tälern, in tödlichen Wüsten
    Der Euch verwandelt
    Leid in Kraft, Trauer in Tiefe, Abschiede in Anfänge

    Es grüßt mit Schalom
    Betender Freund aus Leipzig

  2. Auch wir in der Zentrale der Allianz-Mission im Deutschland sind mit unseren Gedanken und Gebeten bei Daniel und seiner Familie! Wir haben keine Antworten, aber wir tragen eure Trauer mit und stehen innerlich an eurer Seite!

    Herzlich
    Thomas Schech

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