Ich sitze hier und schneide Speck…

… und wer mich lieb hat, holt mich weg. Ne, stimmt gar nicht, ich schneide Mangos und dass mich keiner abholt, heißt nicht, dass mich keiner lieb hat. Im Gegenteil: es kommen so viele freundliche Mails von Euch, aber wenn ich auf „antworten“ klicke, gehen nur meine geschriebenen Worte, nicht aber ich selbst zurück. „Beam me up, Gerlind“, hat auch noch nicht geholfen. Also sitze ich weiter hier in Bamako und schneide meine Mangos – es gibt Schlechteres. Aber so bin ich: wenn mir jemand vor ein paar Wochen angeboten hätte, eine kostenlose Woche Urlaub in Bamako zu verbringen, ohne große Verpflichtungen, gemütlich unter dem Ventilator sitzen, ein Buch lesen, mit Freunden und der Ehefrau chatten, zwischendurch ein Plausch mit malischen Freunden hier und da und dann mal eine Runde joggen oder Fahrrad fahren – ja, da hätte ich doch nie „nein“ gesagt. Aber jetzt muss ich ja hier sein und sofort sieht das anders aus. Natürlich gibt es viele Gründe, warum ich jetzt auch zu Hause wichtig wäre und, na klar, wie gerne würde ich meinem Kollegen in der Praxis jetzt zur Seite stehen können –  nur, die Alternative habe ich im Moment nicht.  Aber statt mich an meinem „Sonderurlaub“ zu freuen, hadere ich damit: ich müsste doch, ich würde viel besser, ich könnte eigentlich…

Und wie luxuriös ist mein Leben hier: die deutsche Botschaft kümmert sich darum, dass ich (wann auch immer) wieder nach Deutschland komme, meine Ernährungssituation könnte nicht komfortabler sein (um die Ecke eine freundliche Dame, die für wenig Geld sehr leckere Reisgerichte kocht, Mangos, Papaya, Orangen, Bananen…, Kaffee, Müsli, frisch geröstete Erdnüsse und noch so vieles mehr).

Nein, ich bin hier nicht auf Lesbos und auch nicht im Niemandsland zwischen der Türkei und der EU ohne irgendeine positive Perspektive. Ich bin nicht wegen Corona in den Slums von Manila eingesperrt mit der Aussicht buchstäblich zu verhungern. Ich habe keine Sorge, dass mich mein Partner zu Hause verprügelt, weil er einen Lagerkoller bekommt. Ich muss nicht fürchten Monate oder Jahre hier auf dem Abstellgleis zu sein. Ich habe einen sehr komfortablen Aufenthalt in einem Land, in dem ich 10 Jahre lang gerne gelebt habe mit Dach über dem Kopf und allem, was ich brauche. Was ist also mein Problem? Das bin vielleicht ich selbst!?!

 

P.S.: Na gut, wenn ich ehrlich bin, arbeite ich auch hier weiter, aber deutlich weniger als sonst, weil alle Sitzungen und Versammlungen ausgefallen sind.

 

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