Mal wieder im Knast

Nicht zum ersten Mal fahren wir zusammen mit Pastor E. in ein Gefängnis in der Region Bamako. Diesmal müssen wir aber ein Stück weiter als sonst: 75 km entfernt von unserem Gästehaus befindet sich ein Gefängnis, das aufgrund der Entfernung von den Mitarbeitern hier nur selten besucht werden kann. Der Pastor vor Ort ist Teil des Teams, aber auch er findet nicht oft die Zeit, um dort regelmäßig Gottesdienste zu feiern. Also nutzt E. die Möglichkeit mit uns dorthin zu fahren – es spart natürlich Spritgeld, wenn wir das Auto stellen. Außerdem nähern wir uns Weihnachten und an diesem Fest sollen die Insassen auch etwas mehr zu essen bekommen als sonst. Denn das ist wirklich knapp. Gerade hier in der Peripherie sind nicht oft Verwandte da, die Essen vorbei bringen können: wer fährt schon 2×75 km, um eine Schüssel mit gekochtem Reis und Sause an der Gefängnispforte abzugeben? Und vom Staat gibt es nur einmal am Tag eine Mahlzeit: 15:00 wird gegessen, mehr gibt es nicht! Von daher bringen wir einen Sack Reis mit, in der Hoffnung, dass er tatsächlich für die Gefangenen genutzt wird und nicht irgendwo verschwindet… außerdem ein paar kleine Kuchen, die wir am Straßenrand gekauft haben: immerhin genug, dass die vielleicht 70 Gefangenen je 2 essen können. Als die ersten Küchlein im Mund verschwinden, sagt einer: „Na, das sind aber malische Kuchen, die kommen bestimmt nicht aus Deutschland.“ Er erntet fröhliches Lachen seiner Kumpel und E. sagt, da hätte er aber wirklich recht, beim nächsten Mal würde er sich darum kümmern, dass seine Frau die backt – o.k. das ist jetzt auch nicht Kuchen aus Deutschland (ob er an Schwarzwälder Kirsch gedacht hat???), aber auf jeden Fall frischer als das, was man auf dem Markt kauft.

Zusätzlich bekommt jeder ein Stück Seife – auch das ist rar im Knast.

Viele sitzen hier in Untersuchungshaft, wobei dieses Wort eigentlich nicht zutrifft, weil oft nichts untersucht wird. Vielmehr geht es darum, dass die Unterlagen bzgl. der vermeintlichen Straftat über die entsprechenden Schreibtische wandern, bevor es zu einer Verhandlung kommt. Das kann dauern. „Wenn du keine Verwandten hast, die sich darum kümmern, dass die Unterlagen bearbeitet werden, dann hast du schlechte Karten und kannst lange in Gewahrsam bleiben, bevor es überhaupt zu einer Verhandlung kommt.“

Und so feiern wir Gottesdienst in dieser verrückten Atmosphäre: Etliche Gefangene werden aus einem Raum gelassen, der kaum Fenster zu haben scheint und sitzen in unserer Nähe. Andere, die schwere Straftaten begangen haben sollen, bleiben hinter Gittern und können von dort aus zusehen und zuhören. Wir stimmen ein Lied mit einfachem Refrain an und nach dem zweiten oder dritten Mal singen die Gefangenen mit – wohl die wenigsten, weil sie mit dem christlichen Text etwas anfangen können, sondern weil es guttut fröhliche Lieder miteinander zu singen. Dann erklärt ihnen E. was Weihnachten bedeutet und wie sich die Liebe Gottes in Jesu Geburt zeigt. Ob sie viel davon verstehen, lässt sich nicht sagen. Wir beten, dass Gott zu ihnen spricht. Und bei allem eigentlich bedrückendem: die Freundlichkeit der Insassen (und des Personals!) in dieser unfreundlichen Umgebung sind bewegend.

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