Gottesdienst unplugged?

So stellt man sich das doch in Mali vor, oder? Echter Gesang, Trommeln, Tanz – das wars. Nix elektrisches oder sowas. Aber der Mix im wirklichen Leben ist völlig anders. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich vor wenigen Jahren in Dougourakoro begeistert war, mit was für einem zusammengeschusterten Schlagzeug Musik gemacht wurde, ohne dass sich die Musiker von der geringen Qualität des Instrumentes frustrieren ließen. Heute im Gottesdienst nur wenige Kilometer davon entfernt im Dorf Bougouda haut mich die Mischung von traditionell und modern von den Socken: na klar, getrommelt wird auf einer Djembe und einem viereckigen mit Fell überspannten Holzkasten. Aber auch eine E-Gitarre darf nicht fehlen und die Solisten nutzen Mikro und Verstärker mit Autobatterie, um gegen die Gemeinde anzukommen. So weit so gut, aber dann sitzt neben mir auf der Bank ein junger Mann und tippt immer auf sein Smartphone. Was macht der denn da mitten im Gottesdienst? Ich schiele rüber auf sein Display und entdecke dann auch das Kabel, was sich – in abenteuerlicher Weise zusammen gelötet – zum Verstärker schlängelt. Und der tippt keine Nachrichten an seine Kumpels, der hat eine Schlagzeug-App und haut mit 2 Fingern auf Becken und Snare-Drum rum. Ne, oder? Draußen kochen die Frauen das Essen in einem riesigen Topf auf dem offenen Feuer, das Dach wird von der abenteuerlichen Konstruktion eines Gerbergelenkes mit Motorradketten gehalten (da schlägt doch das Herz eines Zimmermanns höher – oder rutscht es ihm eher in die Hose??) und daneben wird Schlagzeug per App gespielt.

Für mich scheinen das 2 Welten zu sein, die nicht zusammen passen – für die Menschen hier ist das völlig selbstverständlich. Digitalisierung in Mali – in manchen Dingen sind die jungen Leute hier viel weiter als so mancher Altersgenosse in Deutschland (und als ich schon allemal…). Denn die Möglichkeiten, die das eröffnet, werden hier vielleicht noch deutlicher: ein Schlagzeug zu kaufen kostet viel Geld in der Anschaffung und dann auch in der Pflege – eine App kostet ein paar Euro oder auch gar nichts. Und Smartphones haben hier fast alle.

Irgendwie bin ich begeistert von der Selbstverständlichkeit, mit der hier alles zusammen zu gehen scheint, irgendwie sehne ich mich auch zurück nach „unplugged“. Und ich frage mich, was das für unsere Arbeit für Auswirkungen hat oder haben könnte – wo wir in unserem Denken und Handeln moderner werden sollten und die Chancen der digitalen vernetzenden Technik besser nutzen können.

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