Jedes Viertel eine Kirche

Es ist schon imponierend, wie aktiv die malischen Gemeinden gerade hier in der Hauptstadt sind. Absolut in der Minderheit verstecken sich die Christen nicht im Geringsten. Und statt irgendwo eine „Megachurch“ aufzubauen, ist ihre Strategie eine andere: kaum entsteht ein neues Stadtviertel (und das passiert aufgrund der Landflucht häufig), setzen die Verantwortlichen alles daran, ein Grundstück zu finden, damit sie eine Kirche für die sich dort ansiedelnden Gläubigen errichten können. Häufig wird von den lokalen Behörden sogar extra dafür ein Grundstück reserviert und einer Kirche übergeben (genauso wie ein Grundstück für eine Moschee den Muslimen zugeteilt wird). Und der Anspruch ist nicht einen perfekten Gottesdienst in hübschem Gebäude zu organisieren, sondern Menschennah mit den bescheidenen Möglichkeiten zu leben, die man eben hat. Häufig bedeutet das, dass der Gottesdienst zu Beginn unter einem simplen Strohdach stattfindet, Stufe 2 ist dann ein Blechdach auf Metallstützen und wenn das Geld reicht, wird ein kleines Gebäude aus Lehm- oder Zementziegeln errichtet.

Und der Gottesdienst findet dann unter sehr einfachen Bedingungen statt: Gesang zunächst mit einer simplen Trommel und schnell finden sich auch ein paar Leute zusammen, die einen „Chor“ bilden, der dann meist unisono singt. Auch an die Gottesdienstleitung werden keine großen Ansprüche gestellt. In den meisten Gemeinden in Mali läuft der Gottesdienst nach einem weitestgehend festgelegten Muster ab. Da fällt es leicht sich bereit zu erklären, die Leitung zu übernehmen: eine Gemeinde von 10-20 Leuten ohne die Erwartung, dass hier besonders kreativ agiert wird. Das wirkt für uns manchmal eintönig – hilft aber gerade in solchen Situationen die Latte nicht hochzulegen.

Die meisten Pastoren haben 2-4 Gemeinden zu betreuen und daher können sie auch nur alle paar Wochen in derselben Gemeinde predigen. Auch das führt dazu, dass andere schnell Verantwortung übernehmen und lernen auch diese Aufgabe zu übernehmen.

Zumindest für malische Großstädte ein überzeugendes Konzept: nah an den Menschen, nicht pastorenzentriert, die Mitarbeit von allen ist gefragt und ökologisch ist es auch: statt mit seiner Familie ewig im Stau zu stehen (wenn man denn ein Auto hat), besucht man halt die Kirche um die Ecke (na ja, um ehrlich zu sein: für ein paar Hundert Meter nutzen viele Malier ihr kleines Motorrad!).

Aber auch das gibt es: Ein Pastor erzählt mir etwas frustriert, dass immer wieder Gemeindemitglieder kilometerlange Wege in Kauf nehmen, an 3-4 Kirchen vorbeifahren, „nur“ um in eine angesehene Kirche mit großer Ausstattung, schickem Chor und bekanntem Pastor am Gottesdienst teilzunehmen. Lieber wäre es ihm, wenn jeder sich da engagiert, wo er zu Hause ist.

 

Eine Antwort auf „Jedes Viertel eine Kirche“

  1. Das klingt echt klasse, mit den Kirchen (und Moscheen) für neue Stadtviertel. Für mein Empfinden viel besser als geballt auf einem Fleck zu sein, wo man mit der Zeit zu einer Gemeindegröße heranwächst, bei der man sich dann zwangsläufig irgendwann nicht mehr gegenseitig im Blick hat. Und statt „eintönig“ denke ich spontan eher an sowas wie „vertraut“, „gewohnt“ oder „entspannt unkompliziert“. Nicht wie hier in Deutschland. Mit unserer Flut an ausgefeilten Programmen und künstlerischen Darbietungen, die über einen her schwappen; ob man es mag oder nicht. Danke fürs Teilen!

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