Jetzt endlich: Schulbesuch in San

Nachdem der Streik der Studenten im letzten Jahr unseren Besuch in der Schule in San vereitelt hatte, konnte ich jetzt endlich mit eigenen Augen sehen

Schulhof

und mit eigenen Ohren hören, dass der Schulbeginn dort Realität ist. Schon 2018 hatten wir das Schulgebäude gebaut, aber die ersten Versuche eines Schulstarts scheiterten, weil das neue Stadtviertel sich nicht so schnell entwickelte, wie wir gehofft hatten und die Familien von weiter weg ihre Kinder nicht schicken wollten, ohne zu wissen, ob die Schule auch wirklich einen guten Unterricht bieten würde. Die Gebäude und das große Grundstück waren ja eigentlich vielversprechend, aber das reichte noch nicht, um Vertrauen aufzubauen – aller Anfang ist schwer. Wie schon im November berichtet, half das beeindruckende Engagement von Herrn Dakouo, einem in San bekannten, erfahrenen Lehren in Rente, eine erste Klasse zusammen zu bekommen.

 

Gestern konnte ich dann endlich sehen, was mir bisher nur berichtet wurde: 15 fröhliche, lernwillige Kinder, zunächst verschüchtert durch den Weißen, der da plötzlich auftauchte, machen die ersten Schritte im Lesen, Schreiben, Rechnen. Es ist immer wieder eine Freude zu sehen, mit welcher Begeisterung die Kids dabei sind, wenn die Klassengröße überschaubar ist und die Lehrer engagiert sind. Frau Maiga hat auf jeden Fall einen guten Draht zu ihnen. Meistens hat man im Laufe eines Schuljahres einige Abgänge: die Eltern

Direktor Dakouo

finden die Schulbildung doch nicht mehr so wichtig, das Geld reicht nicht für die geringen Schulgebühren oder der Lehrer gefällt ihnen nicht – dann nehmen sie ihr Kind einfach aus der Schule, lassen es zu Hause oder schicken es woanders hin. Es spricht für Frau Maiga und Herrn Dakouo, dass alle 15 Kids, die das Schuljahr vor einem halben Jahr begonnen haben, noch dabei sind. (Ein 16tes Kind hatte sich zwar einschreiben lassen, ist aber nie erschienen).

Zur Pause singt Herr Dakouo mit ihnen ein fröhliches Lied von irgendeiner Maus und hat dabei eher etwas von einem warmherzigen Großvater als von einem Direktor (hier geht es zum Video).

Ich bin glücklich, dass sich – wenn auch erst nach vielen Jahren – die vielen Mühen, das Diskutieren, das Geldsammeln, das Planen, die Fehlschläge… gelohnt haben und der Start gemacht wurde. Und ich bin bewegt von dem beispielhaften Engagement von Herrn Dackouo und Frau Maiga!

Palmsonntag

Gestern war ich zum Gottesdienst in der Kirche in Moribabougou, einem Stadtviertel von Bamako. Dem Kirchenjahr entsprechend predigte ich über den Einzug Jesu in Jerusalem, wo er auf einem Esel in die Stadt reitet und die Menschen Palmzweige und Kleidung sozusagen als roten Teppich auf den Weg legen und seine Ankunft feiern – wenige Tage bevor sie „kreuzige ihn!“ rufen…

Vor vielen Jahren war ich einmal zum Palmsonntag in einer Kirche in Kampala, der Hauptstadt Ugandas und die Pastorin erläuterte den Gottesdienstbesuchern erst einmal, was denn ein Esel ist, da diese Tiere in Kampala wohl kaum gesehen werden – das ist in Mali nun wirklich nicht nötig. Und es weiß auch jeder, wie ein Palmzweig aussieht. Trotzdem dachte ich mir, ist es hilfreich, wenn ich zur Veranschaulichung einen mitbringe. Daher machte ich mich am Samstag mit einer Säge auf den Weg zur nächsten Palme und beschafft mir einen, der noch so gerade hinten auf unseren Pickup passte. Auf dem Weg zum Gottesdienst ging dann mein Blick nach hinten und ich stellte fest, dass da kein Palmzweig mehr zu sehen war: Unser fleißiger Wächter hatte ihn auf dem Auto entdeckt, sich gefragt, wie denn dieses dreckige Ding dahin gekommen ist und ihn kurzerhand entsorgt. So hielt ich unterwegs Ausschau nach einem Ersatz, fand aber keinen. Na, geht auch ohne…

 Nicht gerechnet hatte ich allerdings mit dem Frauenchor. Die Damen waren nämlich sehr gut vorbereitet und als ihr Lied im Gottesdienst erklingen sollte, zückte jede einen grünen Zweig (wenn auch keinen Palmzweig) wedelte damit herum und so zogen sie in die Kirche ein.

Damit aber nicht genug: Eine der Frauen – sie war nicht gerade die schlankste – spielte den Esel und trug „Jesus“, der von einem Kind dargestellt wurde, während des Liedes durch den Raum.

Also, alle Sorge bezüglich Anschaulichkeit umsonst: die Frauen hatten mich mit ihrer Gesangs- und Theatereinlage weit übertroffen.

Fastenmonat Ramadan

Von 6:28 Uhr bis 18:43 in Bamako – nichts essen, nichts trinken – bei bis zu 40°C im Schatten. Nichts essen ist das eine, aber wirklich über 12 Stunden keine Flüssigkeit zu sich nehmen… Mich wundert es nicht, dass viele um die Mittagszeit irgendwo anhängen, halb wach, halb dahindämmernd, bis die Hitze etwas nachlässt und der Sonnenuntergang näher rückt. „Die ersten Tage sind die schwersten“, sagt man mir, „danach gewöhnt man sich dran.“ Ich bin mir nicht sicher. Aus der Zeit, in der wir noch dauerhaft in Mali gelebt haben, meine ich mich an anderes erinnern zu können – eine immer gereiztere Stimmung, je länger es dauerte. Ich treffe „meinen“ Taxifahrer, frage ihn, wie es ihm geht und erhalte die malische Standardantwort: „alles in Ordnung“. Ich werde ein bisschen konkreter und drücke mein Mitgefühl aus, dass es bei der Hitze sicher sehr schwer ist zu fasten und erhalte ein zustimmendes Nicken – ein bisschen erschöpft, aber freundlich.

Am frühen Abend (noch vor Sonnenuntergang) unterhalte ich mich mit dem Brotverkäufer. Nein, es ginge ihm absolut nicht schlecht, der Fastenmonat würde ihm vielmehr immer wieder Kraft geben. Bei der Verkäuferin der leckeren hackfleischgefüllten Teigbällchen ist angespannter Hochbetrieb. Noch mehr Menschen als sonst stehen Schlange, damit sie rechtzeitig mit ihrem Einkauf zu Hause sind. Fast schäme ich mich, dass ich auch anstehe und ich möchte die Fastenden vor lassen. Zu meiner Überraschung sagt ein Malier, als ich meine Portion erhalte und das Geld zücke, ich könne gehen, er würde für mich bezahlen. … das habe ich auch nicht oft erlebt… Kurz drauf ist die Sonne verschwunden und überall sitzen fröhliche Menschen, trinken, essen, schwatzen, lachen – entspannte Atmosphäre. Wieder komme ich am Taximann vorbei: „Komm essen“ ruft er mir fröhlich zu und ich winke dankend zurück.

Muslime in aller Welt fasten, weil das zu ihren religiösen Pflichten, den Säulen des Islam gehört. Ich bin froh, dass ich als Christ keine Leistungen erbringen muss, um Gott zu gefallen, dass, wenn ich selbst faste, es kein religiöses Gebot ist. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass es auch ein starkes Gemeinschaftsgefühl schafft, wenn überall auf der Welt Menschen zur selben Zeit fasten – täglich miteinander leiden, sich dann am Fastenbrechen erfreuen und nach einem Monat das Ende des Fastenmonats gemeinsam feiern. Dieser Aspekt könnte mir gefallen!

Und es geht doch!

Vor 2 Jahren haben wir begonnen ein Projekt zu entwerfen, damit wenig betuchte Mitglieder unserer Partnerkirche mit fast zinsfreien Kleinkrediten ihr Einkommen verbessern können. Ein ganzes Jahr haben die Vorbereitungen, Beratungen, Gespräche mit Kirchenvertretern gedauert. Ungeduldig fragten immer mehr Leute, wann es denn endlich los gehen würde. Zahlreich waren die mal laut mal leise geäußerten Kritiken: das Geld würden eh viele nicht zurückzahlen. Die Kredite würden die Menschen eher in Schwierigkeiten bringen als ihnen helfen, weil sie das Geld doch für etwas anderes ausgeben würden als für das geplante Kleinprojekt. Das maximal zur Verfügung gestellte Geld von 150 Euro sei viel zu gering, um damit wirklich etwas anfangen zu können und so weiter. Ein ganzes Buch und zahlreiche Artikel gibt es dazu, warum so etwas nicht funktionieren kann.

Und auch Etienne, der Hauptverantwortliche in diesem Projekt und ich waren unsicher, aber unsere Motivation war, dass vielen Menschen hier der Startpunkt fehlt, um zu etwas Geld zu kommen. Wenn man immer von einem Tag auf den anderen leben muss, dann gelingt es einfach nicht, das nötige Startkapital zusammen zu bekommen, um ein Miniunternehmen starten zu können.

Mit unglaublicher Geduld haben Etienne und Ely die Kirchen überall im Land besucht, haben das Projekt erklärt, haben Schulungen durchgeführt, wie man gut plant und berechnet, haben in jeder betroffenen Kirche ein Komitee eingesetzt, das die „kreditwürdigen“ und gleichzeitig bedürftigen Mitglieder auswählt und auch begleitet. Ganz unterschiedliche Ideen wurden verwirklicht: An- und Verkauf von Holzkohle, Herstellung von Erdnussbutter, Schuhverkauf, Kleintierzucht, ein Miniladen eröffnen…

Wenn die Kreditnehmer einer Kirche alles ordnungsgemäß zurückzahlen, wurde in Aussicht gestellt, dass im Jahr darauf erneut ein Kredit an sie vergeben wird, wenn das nicht der Fall ist, würden mindestens 3 Jahre keine Kredite mehr in diese Kirchgemeinde fließen – das klingt hart, aber eine gewisse soziale Motivation hilft oft.

Jetzt ist ein Jahr rum. Etienne kommt gerade von einer Reise zurück, bei der es um die Rückzahlung der Kredite ging und alle, ja alle ca. 30 Kreditnehmer haben ordnungsgemäß und pünktlich zurückgezahlt. Nur wenige haben Probleme mit ihrem Projekt gehabt, weil eine Ziege gestorben ist oder die eingekauften Waren viel teurer wurden als geplant. Fast alle haben Profit gemacht und ihr Leben ein bisschen verbessern können. Aber es sind ja nicht nur die 150 Euro gewesen. Sie haben gelernt – aus Erfolg wie aus Fehlern, sie sind ein Stück weiter gekommen darin, ihr Leben auch in finanziellen Dingen in die Hand zu nehmen und nicht auf die Hilfe anderer zu hoffen und sie können besser planen, durchrechnen, den zu erwartenden Erfolg abschätzen.

Etienne, Ely und ich sind sehr ermutigt: die lange Vorbereitung hat sich gelohnt! Ihr große Einsatz hat sich ausgezahlt! Die unzähligen Telefonate mit den Miniunternehmern waren nicht umsonst. Das Projekt kann in die nächste Phase gehen und ist nicht, wie manche zu Anfang dachten, zum Scheitern verurteilt. Ja, es geht doch!

Back in Bamako

Mit dem Taxi geht es um 12:30 Uhr zum Flughafen Dakar. Sorry, sagt der Taxifahrer, das Gas der Klimaanlage sei leider noch nicht wieder aufgefüllt und so geht es durch die staubigen Sandpisten mit offenem Fenster in Richtung der nächsten Kleinstadt. Die Anzeige vor mit zeigt 35 an – ja, das könnte stimmen, im Senegal ist es auch mittags deutlich weniger warm als in Mali – aber die Temperatur steigt stetig an, je weiter wir fahren – jetzt sind wir schon bei über 40. Dann kommen wir auf die Alphaltstraße: bei über 50 werde ich skeptisch. Oh, mein Fehler: ein Renault mit der Geschwindigkeitsanzeige in der Mitte, nicht °C, sondern km/h. Na, das hätte ja auf der Autobahn wenig später lustig werden können…

Im Flugzeug dann die freudige Überraschung, dass es trotz einer Flugdauer von nur 80 Minuten ein komplettes Mittagessen gibt – welch unerwartetes Glück, da ich seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatte – also doch keine Solidarität mit den Muslimen, die ja gerade mit dem Ramadan begonnen haben.

Neben mir sitzt ein freiberuflicher Journalist aus Mali. Nachdem wir uns einige Zeit unterhalten haben, fragt er mich, ob ich bereit wäre, wenn er mich in Bamako für ein Interview kontaktieren würde, dazu, wie es mir damit geht, dass ich nach so vielen Jahren, die wir in Mali gelebt haben aufgrund der Sicherheitslage nicht mehr in unsere alte Heimat kann. Das berührt mich. Ich glaube, das ist das erste Mal, dass ich von einem Malier in meinem Schmerz wahrgenommen empfinde, den Ort nicht mehr besuchen zu können, der 10 Jahre lang unser Zuhause war.

Niangaly holt mich vom Flughafen ab – diesmal direkt mit allem Gepäck. Er hat liebevoll vorgesorgt und so finde ich geröstete Erdnüsse und diverses Obst vor – und lasse mir die erste unglaublich süße Mango schmecken. Welch ein Geschenk, dass ausgerechnet in der heißesten Zeit in Mali die besten Mangos reif sind.

Bamako – wieder einmal – schon im 10ten Jahr machen wir dieses Hin und Her zwischen den Welten, das ist insgesamt nun mehr als ein Jahr. Ein Stück weit ist es Routine geworden und doch auch immer wieder ein neues Erleben.

Beersheba 4

3 Tage in Beersheba – gut 100 km entfernt von der Hauptstadt Dakar. Ein

Permakultur

Projekt, das verblüfft: mitten in einer Gegend, in der bis auf ein paar wenige Affenbrotbäume so gut wie nichts wächst, liegt ein zig-Hektar großes Areal mit Bäumen, so weit das Auge reicht, Gemüsebeeten, Papayabäumen, Permakultur, Biohühner- und Rinderzucht, einer Schule, einer Krankenstation, einem Heilpflanzengarten und und und. Vor über 20 Jahren hatten ein französischer Missionar und ein senegalesischer Pastor die Vision hier ein Zentrum zu errichten, in dem Christsein nicht nur gepredigt, sondern ein biblischer Umgang mit der Schöpfung in der Praxis gelehrt und umgesetzt wird.

Manuel bei Erfolgskontrolle

Schon vor Jahren habe ich von diesem Projekt gehört und mich sofort begeistert, als ich hörte, dass einige Malier die Initiative ergriffen haben, so etwas auch in ihrem Land zu starten. Jetzt habe ich Gelegenheit, selbst zu sehen, was hier geworden ist, meine Fragen zu stellen und zu überlegen, wie das in Mali aussehen könnte.

Die Früchte der Arbeit

Und ich treffe auf eine Reihe interessanter Leute: Da ist D., ein Senegalese, der für die Permakultur verantwortlich ist und den verschiedenen Praktikanten geduldig erklärt, wie man so eine Symbiose aus verschiedenen Pflanzen anlegt. Da ist A., ebenfalls aus dem Senegal, der nach den Erfahrungen in Beersheba nun in seinem Dorf eine Schweine- und Hühnerzucht startet. Und ich lerne J. kennen, einen nur aus Haut und Knochen bestehenden Niederländer, dem es besonders darum geht, den jungen Leuten

Ich darf auch mal gießen

die Bibel und einen biblischen Umgang mit Gottes Schöpfung beizubringen. Außerdem lässt er mich in seinem Lehmhaus mitwohnen und sein Bioclo benutzen. F. ist Spezialist darin Bäume zu pfropfen und eine Baumschule anzulegen – und er richtet sich streng nach den Regeln, die im alten Testament vorgegeben werden für alles, was mit Landwirtschaft zu tun hat. Außerdem bin ich zu Gast bei E. und H., die mich hierhin eingeladen haben – er aus Frankreich, sie aus Corea und beide mit einer starken Vision und viel Glauben für dieses Projekt. Sie erzählen von den schönen wie von den schweren Erlebnissen in den vergangenen Jahren. Es ist hier nicht alles rosig. Hier leben und arbeiten Menschen zusammen, manche sind engagiert, andere kaum zu motivieren, einige identifizieren sich mit

Heilpflanzenproduktion

Beersheba und sind von Anfang an dabei, manch anderer macht sein eigenes Ding und da gibt es auch schmerzhafte Trennungen. Auch am Konzept scheiden sich die Geister: Manche sehen darin ein Modell, bei dem es keine Rolle spielt, dass viel Geld aus dem Ausland geflossen ist, andere wünschten sich einen Ansatz, der leichter von ganz normalen Menschen aus den Dörfern hier selbst zu realisieren ist. Aber egal ob man mit allem 100% „d’accord“ ist oder manches kritisch sieht: es ist ein Stück weit eine Oase, die Menschen Arbeit gibt, sie lehrt, dass Gott so viel in Seine Schöpfung hineingelegt hat und man sie nicht ausbeuten muss, um sich davon ernähren zu können.

Beersheba Senegal hat schon eine lange Geschichte. Beersheba Mali hat gerade erst begonnen. Wird es seine ganz eigene Entwicklung machen und ebenfalls zu einer Oase in der malischen Savanne werden? Werden vielleicht auch wir in Europa von solchen Initiativen lernen, dass der sorgsame Umgang mit Gottes Schöpfung zu unserem Glauben dazu gehört?

Abstecher in den Senegal

Überraschung – ich bin nicht in Mali, sondern im Senegal gelandet. Nicht weil das Flugzeug den falschen Flughafen angesteuert hat, sondern vielmehr, weil ich einen mehrtägigen Aufenthalt hier geplant habe. Erinnert Ihr Euch noch an das Projekt Beersheba, von dem ich schon zweimal berichtet habe? Im senegalesischen Beersheba, aus dem der Grundgedanke für Mali entstanden ist, macht Manuel gerade ein mehrmonatiges Praktikum und so habe ich Gelegenheit ihn zu besuchen und das Projekt aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Daher sitze ich nun in Dakar am Flughafen und warte auf die netten Leute, die mich abholen und zu dem Projektort bringen – die Flüge liefen problemlos, das Gepäck ist da und das Klima ist angenehm. Was will man mehr?

 

„Der Doktor macht sich wieder ab nach Afrika“

Es ist jetzt über 17 Jahre her, dass ich unsere Allgemeinarztpraxis in Leipzig übernommen habe. Vieles hat sich seitdem in dieser Welt und in unserem Leben verändert. Aber eine Sache beweist eine unglaubliche Beständigkeit: die Gerüchte, dass wir wieder zurück gehen nach Mali. Es reicht, dass auch nur für 2 Wochen ein Medizinstudent ein Praktikum bei uns absolviert und es dauert nur wenige Tage, bis uns von irgendwo zugetragen wird, dass das ja wohl der neue Arzt sei, dem ich die Praxis übergebe, wenn wir wieder nach Mali zurück gehen. Einmal wurde diese zweifelhafte Ehre sogar einem 16-jährigen zuteil, der nur sein Pflicht-Schulpraktikum bei mir machte. Was da wohl hinter steht? Eher Hoffnung („egal wer kommt – kann ja nur besser werden“) oder doch ein bissen Wehmut? Wer will das beurteilen?

Auf jeden Fall waren auch die letzten Wochen wieder interessant. Die neusten Vermutungen sagten, mein Kollege Alex habe gekündigt, die Praxis würde geschlossen und Gerlind und ich hätten uns eine Villa in Afrika gebaut. Nun, Alex ist immer noch da (und wird es hoffentlich auch noch sein, wenn ich schon in Rente bin, die Praxis hat die Türen weiter geöffnet und das mit der Villa überlegen wir uns noch 😊.

Aber in einer Sache haben die Gerüchte recht: „Der Doktor macht sich wirklich wieder ab nach Afrika“ – wenn auch nur für ein paar Wochen. Und dass ich die Absicht habe wiederzukommen, sieht man daran, dass ich Gerlind in Leipzig gelassen habe. Und so werden Euch in den nächsten Tagen wieder ein paar Mails ins Haus flattern von dem, was mir auf dem anderen Kontinent so begegnet. Ich blicke der Zeit gespannt entgegen, denn wie immer lässt sich vieles von Deutschland aus nur sehr schlecht planen und etliches vom Programm wird erst vor Ort entstehen. Ich freue mich, wenn Ihr mich wieder in Gedanken (und manche auch in Gebeten) begleitet.

Deutschland – Mali und zurück

Letzter Tag in Bamako. Auf dem Dach unserer Zentrale. Die Sonne geht auf. Bei uns wie bei Euch. Nur 30 °C Unterschied und ob Ihr sie sehen könnt, weiß ich nicht. Wir treffen uns noch mit einer Gruppe von Missionaren verschiedener Missionsgesellschaften, die in Mali arbeiten. Wenige sind es geworden. Und sie sehen nicht alle europäisch oder nord-amerikanisch aus. Heute sitzen zwei kamerunische Missionare mit am Tisch. Ein Brasilianer konnte leider nicht kommen. Wie erfrischend, dass Christen aus verschiedenen Kontinenten und Ländern Jesu Liebe zu den Menschen in Mali bringen möchten. Und wie schade, dass es so viel schwieriger geworden ist. Vor nun 99 Jahren haben die ersten evangelischen Missionare aus den USA ihren Fuß auf malischen Boden gesetzt. Mittlerweile sind in Mali verschiedene Kirchen mit vielen tausend Christen entstanden. Und doch werden voraussichtlich nur noch einige wenige Mitarbeiter dieser Missionsgesellschaft das 100ste Jubiläum in Mali feiern können – und das auf gepackten Koffern, weil sie alle zurückbeordert wurden. Zu gefährlich?

Der kamerunische Pastor erzählt uns die biblische Geschichte, wie Jesus erst im Boot schläft, von den ängstlichen Jüngern geweckt wird und den Sturm stillt. Und er vergleicht den See mit Mali, macht uns Mut nicht zuerst den Sturm, sondern Jesus zu sehen.

Am Nachmittag heißt es Koffer packen, verabschieden, die letzten Reste aus dem Kühlschank verwerten.

 

Letzter Abend in Bamako. Auf dem Dach unserer Zentrale. Der Vollmond geht auf. Bei uns wie bei Euch. Aber so viel Unterschied – zwischen hier und dort, zwischen dem, was wir hier gerade erleben und der Welt, in der wir ab morgen wieder zu Hause sein werden. Und Gott lässt seine Sonne und seinen Mond aufgehen in Mali wie in Deutschland.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ohne Schulbesuch geht nicht!

Klar, das gehört dazu – der Besuch bei der Schule, die wir mit Hilfe der Kinder des Bundes Freier evangelischer Gemeinden bauen und ausstatten konnten. Aber diesmal war fest geplant die zweite Schule zu besuchen, die ca. 400 km im Nordosten von Bamako, in San, liegt. Das Schulgebäude hatten wir vor ein paar Jahren in einem Neubaugebiet gebaut, aber leider ging der Zuzug doch langsamer vonstatten, als wir das gedacht hatten und so scheiterte der erste Versuch, die Schule zu eröffnen daran, dass nicht genug Schüler kamen. Dieses Jahr wurde ein ortsansässiger Lehrer in Rente engagiert, um über die neue Schule zu informieren. So ging er von Tür zu Tür und erklärte den neu Hinzugezogenen, dass zum neuen Schuljahr das erste Schuljahr beginnen würde. Und tatsächlich schrieben sich 16 Schüler ein und so konnte ein guter Anfang gemacht werden. Dachten wir… Drei Tage vor dem ersten Schuljahr kündigte plötzlich unser Lehrer, der vorher selbst um die Versetzung von Bamako nach San gebeten hatte. Das war natürlich ein harter Schlag, die Suche nach einem Ersatz lief auf Hochtouren, eine junge Dame wurde gefunden und tatsächlich war zum ersten Schultag alles bereit.

Kräftemessen in der Pause

Nur unser Besuch wurde vereitelt: als wir aufbrechen wollten, stellte sich heraus, dass die Studenten mal wieder aufgrund der schlechten Studienbedingungen streikten und, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, sorgten Streikwächter dafür, dass auch alle Schulen mitstreikten. Das leere Gebäude wollten wir uns allerdings nicht anschauen und so fiel unsere Reise ins Wasser.

Kinder der ersten Stunde

Stattdessen besuchten wir die Schule, die mittlerweile schon die 6. Klasse hat. Eine kleine Gruppe von Kids hat die Schule von der 1. bis zur 6. Klasse besucht und es ist schön zu sehen, wie aus den kleinen Erstklässlern mit ihren unbeholfenen Schreibversuchen mittlerweile junge „Damen und Herren“ mit einer vernünftigen Ausbildung geworden sind. Ob sie auch noch in der Mittelstufe dabei sein werden? Die beginnt im nächsten Jahr.

(Und hier ein kleines Video der Vorschulkinder!)