Mit 3 Frauen unterwegs…

…bin ich seit heute Nachmittag: Claudia und Christine haben sich zu uns gesellt, um die I-ni-sini-Schulen anzuschauen und Kontakte zu knüpfen bzw. aufzufrischen. Heute Abend waren wir dann schon mal mit Etienne am Niger spazieren und so haben sie sich ein bisschen kennen lernen können. Schon interessant: Claudia und Etienne haben schon seit 2 Jahren viele E-Mails ausgetauscht ohne sich je gesehen zu haben und nun sitzt man sich gegenüber, Etienne versucht sein Deutsch und Claudia ihr Französisch um miteinander ins Gespräch zu kommen. Da war ein Spaziergang genau das Richtige, um ungezwungen erste Gedanken auszutauschen. Die Blicke der Malier waren vielsagend, als wir 5 da durch die Gegend zogen und ich kann mir schon lebhaft vorstellen, wie im Familien- oder Freundeskreis heute geredet wird: „Ich hab‘ heute einen Weißen gesehen und – ihr werdet es nicht glauben – der hatte DREI Frauen!!“

Mali zum 11ten

Es ist tatsächlich schon das elfte Mal, dass wir seit der Übernahme der Landesverantwortung 2014 für die AM malischen Boden betreten. Und diesmal wurden wir von Regen empfangen! Angenehm kühl für malische Verhältnisse aber auch schwül. Mali hat dieses Jahr das bekommen, was uns in Deutschland fehlte: Regen! Nachdem im letzten Jahr in vielen Gegenden Malis die Ernte fast ausgefallen ist, sieht es in diesem Jahr sehr gut aus und gestern spottete schon ein malischer Freund, wir Deutschen sollten doch diesmal in Mali einen Projektantrag auf Hungerhilfe stellen…

Und so sitze ich an diesem Sonntag am Ufer des Nigers, der jetzt, am Ende der Regenzeit, einen hohen Wasserstand und eine starke Strömung hat. Am Ufer stehen etliche Malier mit selbstgebastelten Ruten und angeln. Ob sie jetzt alle Bozos (das Fischervolk) geworden wären, ziehe ich sie auf und sie zeigen mir die gut 5 cm langen Fischchen, die sie in rascher Folge aus dem Wasser ziehen. „Die kleinen sollen besonders lecker sein“ erklären sie, als sie meinen skeptischen Blick sehen. Mali, zum 11 – meine Gefühle sind, wie eigentlich immer, ambivalent. Es gibt so viel, was ich hier liebe, wo ich mich Zuhause fühle und was ich genieße, wenn ich hier bin. Zum Beispiel diese ständigen kleinen Begegnungen im Alltag, denn mit den Anglern unterhalte ich mich nicht nur über ihren Fischfang, sondern auch über ihre Kochkünste und warum der eine immer noch unverheiratet ist – mit den Anglern, an denen ich auf dem Weg zur Praxis am Auensee in Leipzig täglich vorbei komme, habe ich noch nie auch nur ein Wort gewechselt.

Aber da sind genauso viele Dinge, die mir Mühe machen, bei denen ich mich fremd fühle und wo ich mich frage, wie wir so lange in diesem Land leben konnten…

Mali zum 11ten, vor uns liegen 3 Wochen voll von Begegnungen, Eindrücken und vermutlich sowohl Mut machenden wie frustrierenden Erfahrungen. Heute Morgen der Gottesdienst in Fombabougou gehörte zu den Mut machenden: das Gemeindehaus, zwar noch im Rohbau aber völlig in Ordnung um darin Gottesdienst zu feiern, wurde von der Jugend der Gemeinde selbst gebaut. Da wurden die Studenten zu Maurern und haben gemeinsam den Bau hochgezogen und der Stolz, den sie dabei empfinden, als sie uns das Gebäude zeigen ist ein ganz anderer, als wenn ein ausländischer Geldgeber dafür die notwendigen Mittel gegeben hätte. Sicher, das geht nicht überall, nicht jede Gemeinde hat so tatkräftige junge Leute, aber zu sehen, dass es geht, macht Mut.

Mali zum 11ten, wie schön, dass Ihr wieder mit dabei seid und uns begleitet, wenn auch nur übers Netz.

You’ll never walk alone!

vor dem Start

Geschafft! Nach 22 Stunden und 25 Minuten, einer durchwachten Nacht und scheinbar nicht enden wollendem Wandern hatten wir die 100 km geschafft, waren in Teltow/Berlin angekommen und Bernd Gebhardt, Alfred Meier und ich hatten das Ziel erreicht, für das wir die letzten Monate trainiert hatten. Zwischen 800 und 900 Teilnehmer waren am Start und etwas über 200 kamen an. Alle 20 Kilometer konnten wir an einer Verpflegungsstation Wasser, Obst und Müsliriegel tanken, die Toiletten benutzen und die Füße verarzten. Zwischendurch (selbst um 3:00 Uhr in der Nacht!) kamen immer mal kurze aufmunternde Anrufe oder SMS von lieben Menschen, die uns in Gedanken und Gebeten begleiteten. Immer wieder hatten wir mit unterschiedlichen Dingen zu kämpfen: Blasen an den Füßen, Schmerzen in den Muskeln, Erschöpfung, manchmal alles auf einmal…, aber trotzdem konnten wir fast die ganze Strecke zusammen bleiben und gemeinsam ins Ziel laufen!

Und letztlich sind – auch wenn wir noch nicht alle Spendenzusagen genau kennen – um die 6.000 Euro für die HIV-Arbeit in Mali zusammen gekommen (und über Alfred kommt noch einmal ein ähnlicher Betrag für Schulen

an Ziel

in Mali hinzu)! Herzlichen Dank allen, die sich beteiligt haben – egal ob finanziell oder in anderer Weise! Wie schön, wenn man so eine körperliche und mentale Herausforderung verbinden kann mit eine Aktion für die Menschen, die uns in Mali am Herzen liegen! Und wie gut das tut, Eure Unterstützung zu erfahren und Ihr nicht einfach sagt: „lasst sie doch laufen, wenn sie das brauchen…“.

Jetzt heißt es erst mal regenerieren und dafür zu sorgen, dass man beim Aufstehen aus einem Sessel keinen Kran mehr braucht :-).

P.S.: … und wenn sich noch jemand entschließen sollte noch etwas nachträglich zu spenden, ist das immernoch gerne gesehen!

 

Saturday night fever…

Bernd und Karsten 1 Woche vor dem Marsch

Noch dreimal schlafen und wir starten zum Megamarsch. In den letzten Wochen haben wir immer wieder mal kürzere, mal längere Touren gemacht, die richtigen Strümpfe ausprobiert und die Haltbarkeit von Blasenpflastern getestet. Hirschtalgcreme gehört mittlerweile zu unseren Standardkosmetika. Außerdem haben wir kräftig die Werbetrommel gerührt, um Sponsoren für die AIDS-Arbeit in Mali zu gewinnen. Und da haben uns manche überrascht mit der Bereitschaft uns zu unterstützen. Danke allen Patienten, Gemeindemitgliedern, Kollegen, Freunden usw. dafür, dass wir bis jetzt schon über 4.000 Euro zugesagt bekommen haben!

Jetzt schauen wir täglich auf den Wetterbericht, wünschen uns, dass es ein regenfreier Tag wird und hoffen, dass wir ausreichend vorbereitet sind. Und wir sind Gott dankbar für die Zeit des gemeinsamen Wanderns – das ist schon etwas Besonderes, wenn man mit einem Freund zusammen Stunde um Stunde mal fröhlich plaudernd, mal miteinander betend, mal nur vor sich hin laufend unterwegs ist. Und so freuen wir uns, dass wir am Samstag um 17 Uhr dann mit vielen hundert anderen Menschen durch die Hauptstadt laufen können – jeder hinter uns gelassene Kilometer 40 (oder wird es noch mehr?) Euro für Mali wert!

Na, wo laufen sie denn???

Bernd
Karsten

Heute keine Mail zu Wahlen oder Reisen, sondern eine zu einer Aktion, die wir am 1. September durchführen wollen. Da heißt es marschieren für Mali, genauer: für die Menschen in Mali, die an AIDS leiden bzw. mit diesem Virus infiziert wurden. „Megamarsch“ heißt dieses Unterfangen und es bedeutet, dass wir – das sind Bernd Gebhardt (ein Freund aus der Gemeinde in Leipzig) und ich (Karsten) – in 24 Stunden 100 km laufen. Das Ganze wird in Berlin vor sich gehen und wir tun dies um Gelder zu sammeln für die AIDS-Arbeit unserer malischen Partner (- für mehr Infos dazu hier klicken). Seit ein paar Monaten trainieren wir dafür und haben schnell gemerkt, dass das kein Spaziergang ist. … und die Zeit, jede Woche viele Stunden zu wandern haben wir ja auch nicht. So hoffen wir, dass die Vorbereitung ausreicht und wir nicht zu den (erfahrungsgemäß) 75% gehören, die

da gibt’s auch schon mal blaue Zehen

den Lauf vorzeitig abbrechen müssen. Und natürlich freuen wir uns, wenn Ihr uns finanziell (und außerdem auch moralisch und im Gebet 😊) unterstützen würdet – aber noch mehr würden wir uns freuen, wenn Ihr Leute aus Eurem Bekanntenkreis, die normalerweise nicht für so etwas spenden, dazu motivieren würdet. Also: „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!“, oder wendet Euch an das Autohaus Eures Vertrauens, den Friseur, den Nachbarn mit dem Porsche vor der Türe, Eure Lehrer, Euren Chef usw. Im Anhang könnt Ihr hier auch einen Flyer runterladen mit den entsprechenden Infos und bei Bedarf schicken wir Euch auch gerne gedruckte Flyer zu. Macht Ihr mit? Je mehr Geld zusammenkommt, desto leichter wird es für uns die Zähne zusammen zu beißen und doch weiter zu laufen, wenn wir eigentlich gar keine Kraft mehr haben…

 

[gview file=“http://malimail.pascher-leipzig.de/wp-content/uploads/2018/08/Flyer-Megamarsch.pdf“]

Let’s go Mali!

Das Mali, was ich gerade – nach drei Wochen – wieder verlasse, ist nicht mehr so wie früher – darüber haben wir oft genug geschrieben und es macht uns traurig und manchmal ratlos, genau wie unsere malischen Geschwister auch. Aber der „Rest der Welt“ hat sich auch verändert, dass fällt uns nur oft nicht so auf. Vielleicht sind wir Zuhause die Kröte im Kochtopf. Aber was heißt das jetzt für die Arbeit der Allianz-Mission in Mali? Ziehen wir den Kopf ein, weil man in Mali nicht mehr so einfach leben kann wie früher? Müssen sich die Malier jetzt ohne uns um ihre Probleme kümmern? Treten wir den Rückzug an, weil uns das alles zu heikel wird?

Ihr wisst schon, dass die Antwort auf alle diese Fragen nicht „ja“ lautet. Im Gegenteil: wir definieren neu, was unsere Aufgaben sind, aber wir möchten gerade in dieser Situation auch personell wieder in Mali präsenter sein. Denn Partnerschaft lebt vor allem vom Miteinander von Menschen und davon haben wir eindeutig zu wenig im Moment in Mali. Daher möchten wir im Laufe der nächsten 3 Jahre ein neues Team von 8 Leuten nach Mali schicken, denn im Raum Bamako kann man nach wie vor leben und arbeiten und wir beten dafür, dass sich auch die anderen Landesteile wieder öffnen. Das ist kein Spaziergang, aber das war Missionsarbeit noch nie. Und wir wünschen uns, dass Gott Menschen aus Deutschland beruft, damit wir ein vielfältiges munteres Team aufbauen können, das unseren malischen Geschwistern eine Ergänzung und manchmal auch eine „Kröte von außen“ sein kann. Sucht ihr mit? Betet ihr mit? Geht ihr mit?

Wir glauben, dass es Gottes Wunsch ist in Mali noch einmal neu zu beginnen – mit neuen Leuten, mit kreativen Ansätzen, mit einer anderen Rolle in der Partnerschaft. Und wir sind sehr gespannt, was Er da tun wird und haben richtig Lust darauf einen mutigen Schritt nach vorne zu gehen!

für mehr Infos: Flyer LetsgoMali

Beeindruckende Ergebnisse

Heute war dann endlich ein Besuch in „unserer“ I-ni-sini-Schule dran. Da wir die Nationalhymne schon beim letzten Mal gehört hatten, entschließen Etienne und ich uns nicht ganz so früh zu fahren und so finden wir die Kinder schon angeregt beim Unterricht. Mittlerweile hat die erste Klasse 18 Schüler. Ein Junge, der oft fehlt, ist heute gekommen, weil angekündigt war, dass es „Weißenbesuch“ gibt – eine in meinen Augen etwas zweifelhafte Attraktion… Aber ich darf wieder zuschauen, fotografieren und mich davon überzeugen, dass die Kinder etwas gelernt haben. Und ich bin ehrlich platt: was die Kids da in 6 Monaten gelernt haben, ist wirklich beeindruckend. Die meisten Kinder sprechen ja so gut wie kein Französisch, wenn sie in die Schule kommen und jetzt begrüßen sie mich korrekt in dieser Sprache, beherrschen problemlos die Zahlen, rezitieren begeistert das Alphabet, rechnen und schreiben mit einer Schrift, die ich im ersten Schuljahr nicht hatte (und ehrlich gesagt, bis heute nicht habe – aber das liegt sicher an meinem Beruf 😊). Der Lehrer, Bamadio, hat eine strenge Hand aber er schafft es gleichzeitig Zuneigung zu den Kindern auszustrahlen und sie im Zaum zu halten. Da die Kids im Vergleich zu den Nachbarschulen deutlich weiter sind, gibt es schon viele Anfragen und wir machen uns wenig Sorgen um den Nachwuchs im nächsten Schuljahr.

Danach begleitet mich Etienne noch in eine Schule einer anderen Denomination, die es schon seit 18 Jahren gibt, damit wir von ihren Erfahrungen lernen können. Und auch hier bin ich beeindruckt: sie haben, genau wie wir, mit einer einzigen Klasse angefangen und jetzt befinde ich mich in einem Komplex von Kindergarten bis Abitur mit ca. 700 (Vor-)Schülern. Das Ganze steht auf gesunden finanziellen wie organisatorischen Beinen, alle Lehrer sind Christen und jeder, der sein Kind hierhin schickt, hat sich vorher damit einverstanden erklärt, dass jeden Morgen mit den Kids in der Bibel gelesen wird. Trotzdem sind 90% der Kinder aus andersgläubigen Familien. Offensichtlich sind christliche Schulen in Mali auch langfristig eine auf vielen Gebieten sinnvolle Sache und ich hoffe und bete, dass sich unsere noch bescheidenen Anfänge in eine ähnlich gute Richtung entwickeln.

Die Kröte und der Kochtopf

„Hast Du den Eindruck, dass sich die malische Kirche dem Ernst der Lage in Mali stellt?“, frage ich heute einen der führenden Pastoren der malischen Kirchen.

„Kennst Du die Geschichte der Kröte im Kochtopf?“, fragt er zurück. „Setze eine Kröte in einen Kochtopf mit lauwarmem Wasser und sie wird sich sehr wohl darin fühlen. Wenn Du jetzt das Wasser langsam erhitzt, wird sie so lange den Unterschied kaum wahrnehmen bis es zu spät ist und sie im kochenden Wasser verbrennt. Wenn Du allerdings eine Kröte von außen nimmst, die würde nur den Fuß ins Wasser halten und sofort herausspringen, weil sie viel früher die Hitze spürt.

So ähnlich ist es mit der malischen Kirche. Wir haben uns an so vieles gewöhnt und wenn die Dinge langsam immer schlechter werden, dann fällt uns das kaum auf. Manchmal brauchen wir Euch dafür: Weil ihr von außen kommt, könnt ihr uns aufmerksam machen auf manches, was wir schon gar nicht mehr wahrnehmen.“

Sinneswandel

Gottesdienst in einem kleinen Nest nicht weit weg von Bamako. Eine voll besetzte kleine Kirche, gute, lockere Stimmung; danach gemütliches Beisammensein unter einem Mangobaum. Das Grundstück, auf dem wir uns niedergelassen haben, gehört weder der Kirche noch einem Gemeindemitglied aber dort ist Schatten. Irgendwann gesellt sich der Eigentümer zu uns, flachst fröhlich mit uns rum und wir unterhalten uns in einer bunten Mischung aus Französisch, Bambara und Peulh. Später steht er auf, sagt er würde eben in die Moschee zum beten gehen, sei aber in einer viertel Stunde wieder da. Einige Zeit darauf ist er zurück, hat sich einen bequemen Stuhl geholt, plaudert ungezwungen mit uns und schmeißt irgendwann eine Runde geröstete Erdnüsse. … entspannte Atmosphäre und freundschaftliches Nebeneinander von Muslimen und Christen. Das war nicht immer so:

Als vor über 15 Jahren zum ersten Mal mit einem Team von Christen aus Bamako hier öffentlich von Jesus erzählt wurde, bekehrten sich zwei Dorfbewohner zu Ihm. Einer ist heute noch Gemeindemitglied (der andere verstorben) und seine Geschichte wird mir am Abend erzählt: Nach seiner Hinwendung zu Jesus fing als erstes seine Frau an, sie wolle nicht mehr mit ihm zusammenleben, dann auch seine Familie. Scheidung stand im Raum. Die Christen aus Bamako besuchten ihn weiter und ermutigten ihn, sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen. Dann „engagierte“ seine eigene Familie einen Marabut aus der Umgebung, der ihn eine ganze Nacht lang zusammen mit den anderen aus dem Dorf verfluchte. Am nächsten Morgen wurde er dann von seinen Nachbarn gefragt, was er denn nun dazu sagen würde: „Nun, Ihr habt mich die ganze Nacht verflucht, aber wenn Gott mich nicht verflucht, dann geht das in Ordnung. Ihr wendet euch von mir ab – ich werde mich nicht von euch abwenden. Ihr bleibt meine Familie, ihr bleibt mein Dorf!“ Die Situation mit seiner Frau spitzte sich weiter zu. Mittlerweile aß er nichts mehr, was sie gekocht hatte, weil er Angst hatte vergiftet zu werden. Ein Pastor aus Bamako suchte das Gespräch mit den beiden: „Was hast du denn an deinem Mann auszusetzen?“, fragte er die Ehefrau, „sag mir, was er dir getan hat, seitdem er Christ geworden ist und dann lass uns schauen, ob es das ist, was wir ihm über’s Christsein gesagt haben.“ Jetzt kam sie ins Schwimmen, kramte ein paar alte Geschichten hervor, musste dann aber zugeben, dass sie lange vor seinem Christ-werden geschehen waren. Und nun war der Mann an der Reihe: „Du weißt, dass ich dich oft geschlagen habe“, sagte er vor den Ohren des Pastors, „ab heute werde ich dich nie wieder schlagen, das verspreche ich Dir. Und bisher habe ich alles, was ich verdient habe, vor dir geheim gehalten und dir kaum etwas abgegeben. Auch das soll sich ändern: ab jetzt zeige ich dir alles, was bei mir reinkommt und gebe dir, was du brauchst. Der Pastor ist Zeuge für das, was ich dir heute versprecht!“ Das war ein starker Anfang. Die Wogen in der Ehe glätteten sich, denn ein solcher Wandel (der dann auch tatsächlich stattfand) ist in einem kleinen malischen Dorf fast unvorstellbar. Aber die sonstige Familie und das Dorf ließen sich nicht überzeugen. Der Pastor bekam „Hausverbot“, man wollte ihn im Dorf nicht mehr sehen. Trotzdem, langsam aber sicher siegte die Liebe, die Jesus in das Herz dieses Mannes gepflanzt hatte, über die Starrköpfigkeit seiner Familie. Es dauerte lange, aber zu seiner großen Überraschung tauchte plötzlich ein Familienangehöriger beim Pastor auf und entschuldigte sich bei ihm. Es täte ihnen sehr leid, wie sie mit ihm und ihrem Bruder umgegangen sind. Und das, was sie jetzt an ihm sähen, wären lauter gute Veränderungen. Und damit er auch wirklich sehen könne, dass es ihnen ernst ist, schenkten sie dem Pastor ein über 1.000 m² großes Grundstück in ihrem Dorf.

Diese Geschichte habe ich im Dorf nun sehr oberflächlich erzählt bekommen, aber als ich wenige Stunden später den besagten Pastor besuche, erzählt er mir das alles. Die Gemeinde ist mittlerweile im Dorf akzeptiert und ein junger Pastor dort hingezogen; die Ehefrau nicht Christin, aber sie ist ihrem Mann wohl gesonnen, verteidigt ihn, wenn jemand gegen ihn ist, und bei Festen kocht sie zusammen mit der Frau des jungen Pastors und tanzt die ganze Nacht mit den Christen…

P.S.: die Bilder stammen aus nachvollziehbaren Gründen aus einem anderen Dorf

Chilltag

Straßenverkauf

Samstagmittag. Ich sitze unterm Ventilator in unserer Zentrale in Bamako – der ehemaligen DDR-Botschaft. Im Hintergrund konkurrieren gerade Herbie Hancock (von meinem MP3-Player) und der Muezin (von der Moschee gegenüber) – passt nicht so ganz… Heute ist der erste freie Tag seit ich hier bin und ich genieße es; schaue auf die strahlend grünen Mangobäume vor meinem Fenster nachdem ich im Internet vom Schneechaos in Leipzig erfahren habe – na super! Mit einem alten Taxi bin ich vorhin zum Markt gefahren, durch das Gewusel geschlendert, das ich hier so liebe. Zwischendurch immer mal ein kurzer freundlicher Wortwechsel mit dem einen oder anderen Straßenverkäufer. Hirse, Schuhe, Reis, Wäsche, alte Mayonnaisegläser, Mangos, Seife, leere Plastikflaschen – kaum etwas, was man hier nicht kaufen kann. Dann besuche ich den Kunstgewerbemarkt; heute einfach nur so, ich muss nichts für deutsche Missionsbazare einkaufen und daher gehe ich gemütlich von Lädchen zu Lädchen, schaue den Handwerkern bei der Arbeit zu, albere mit den Leuten rum, kaufe hier und da eine Kleinigkeit und mache mich dann wieder auf den Heimweg. Der Taxifahren ist diesmal ein „Cousin“ von mir und die üblichen Blödeleien gehen hin und her, bis er mich wieder Zuhause absetzt. Unterwegs habe ich ein paar Mangos gekauft, die ich jetzt zu Mus verarbeitet für Mangomilch. Schon mal getrunken? Man nehme eine leicht überreife Mango, schneide das Frustfleisch heraus und zerkleinere es mit einem Pürierstab. Dann etwas Milchpulver und kalter Wasser dazu, 15 Minuten in den Gefrierschrank stellen… Was geht es mir gut!

gemeinsames Frühstück

… und das nach 3 Sitzungstagen. Die Hautversammlung der Kirche ist beendet und wohl fast alle Delegierten wieder Zuhause oder noch auf der Heimreise. Es ist schon wirklich eine wilde Veranstaltung, die unserem deutschen Strukturiertsein nicht immer entgegenkommt. Zweifelhafter Höhepunkt der Veranstaltung war, als nach dem Bericht des Frauenkomitees die übliche Diskussion über den Weihnachtsstoff der Kirche losging: Sind die Farben zeitgemäß? Sollte eher ein echtes Weihnachtsmotiv darauf oder doch lieber etwas Neutraleres? Wie teuer wäre es, wenn man eine Qualität drucken ließe, bei der die Farben nicht so schnell ausbleichen? Und dann immer und immer wieder: sollte man den Verkauf zentral oder dezentral regeln. Im Schweiße meines Angesichts halte ich das 30 Minuten aus, dann entschließe ich mich, mich nach draußen abzusetzen und den leichten Wind am Abend zu genießen. Die Malier, die zwischendurch an mir vorbeikommen, weil sie das eine oder andere Bedürfnis haben, müssen grinsen, als sie mich sehen – ich glaube, die meisten verstehen, dass der Weihnachtsstoff nicht mein Lieblingsthema ist…

Diskussionen am Rande

Besonders interessant auch der Bericht vom Verantwortlichen der nationalen Kinderarbeit: Kurz und bündig gibt er zu, dass sein Komitee im ganzen Jahr gar nichts gemacht habe, sie hätten kein Geld für ein Treffen gehabt, ist seine Begründung. Daraufhin wird ihm von den Delegierten ganz schön der Kopf gewaschen und er wirkt etwas geschrumpft auf seinem Stuhl – mich freut es, dass auch im beziehungsorientierten Mali nicht alles durchgeht.

Als ich etwas im Namen der Allianz-Mission sagen darf, wage ich es, neben einigen Informationen, auch mal ein paar Dinge anzusprechen, die mir Sorgen machen im Blick auf die malische Kirche und wo ich kritische Bereiche sehe. Manche nicken hier und da, andere wirken eher wenig begeistert. Es ist immer wieder eine Grandwanderung – wie weit kann ich gehen? Hab‘ ich mich zu weit aus dem Fenster gelehnt, oder war es gerade wichtig mal eine Sicht von außen auszusprechen? Das ist hier so schwer einzuschätzen, denn selten gibt es bei solchen Dingen mal ein spontanes Echo hinterher. Und das Kriterium ist ja auch nicht, dass alle einverstanden sind – dann könnte ich mir solche Gedanken auch sparen. Und ich würde mir wünschen, dass auch die Malier mal hier und da ihre Außensicht auf unsere Kultur und die Art, wie wir unser Christsein leben, äußern.

Der Vorsitzende der evgl. Allianz

Und am Schluss der Veranstaltung kommt dann noch der neue Vorsitzende der evangelischen Allianz zu uns. Das war schon lange vorgesehen, nur hatte man schlicht vergessen ihn einzuladen. Aber das ist in Mali kein Problem: vor 3 Tagen wurde dann mal kurz angerufen, ob er Zeit hat und mal vorbeikommen kann – ja, passt, kein Problem. Und genauso wie Nok sonst mit dem Premierminister am Tisch sitzt und über die malische Krise berät, so kommt er mal eben zu unserer Jahreshauptversammlung. Bei seinem „Grußwort“ erzählt er eine Geschichte, wie Alfred Meier ihn vor Jahren eingeladen hat über die Situation in Timbuktu zu reden. Als er dann zu der Gemeinde kommt, die Meiers damals in Bamako betreuten, fiel ihm als erstes auf, dass Alfred ein Hinweisschild für die Gemeinde unmittelbar vor die große Moschee des Stadtteiles platziert hatte. Nok lacht sich halb schlapp über diese Dreistigkeit: „…und wenn ihr dann seine Gemeinde gesehen hättet, das war ein einfacher Hangar mit einem Wellblechdach – und dafür platzierte er ein Schild direkt vor die Moschee – also das nenne ich mutige, visionäre Missionsarbeit!“ 😊 (Übrigens gibt es heute eine recht große Gemeinde in einem ansprechenden Gemeindehaus in diesem Viertel!)

Manches wurde besprochen in den 3 Tagen – einiges in den Sitzungen, das meiste nebenher und hinter den Kulissen. Ich bete, dass es uns hier und da einen Schritt weitergebracht hat – und das nicht nur beim Weihnachtsstoff!

Gruppenfoto